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Smarter Extremismus

Politikwissenschaftler analysieren die Linke

© Die Berliner Literaturkritik, 08.12.08

 

Von Wolfgang Harms

HAMBURG (BLK) – Zwei Jahrzehnte nach dem Zusammenbruch der DDR ist deren einstige Staatspartei endlich im Westen angekommen: Umbenannt und erweitert um enttäuschte Sozialdemokraten sowie Überbleibsel westdeutscher K-Gruppen, hält sich „Die Linke“ in Umfragen stabil zweistellig und ist in vielen Parlamenten zwischen Rhein und Elbe vertreten. Wo aber genau ist sie angekommen – nur auf dem Gebiet der alten Bundesländer oder auch auf dem Boden des Grundgesetzes? Diese Frage behandeln der Chemnitzer Politikwissenschaftler Eckhard Jesse und der Münchner Rundfunkjournalist Jürgen P. Lang in ihrem Buch „Die Linke – der smarte Extremismus einer deutschen Partei“.

Wie schon der Titel zeigt, geben die beiden Autoren eine klare Antwort. Irritiert vermerken sie, dass Fachkollegen die Sache nicht immer so eindeutig sehen und selbst die Verfassungsschutzbehörden uneins sind, ob die Linkspartei ganz, in Teilen oder auch gar nicht als extremistisch anzusehen ist. Dabei gibt es Aussagen, die wenig Raum für Interpretationen lassen. „Wir stellen die Systemfrage“, zitieren Jesse und Lang aus einer Rede von Linksparteichef Lothar Bisky aus dem vergangenen Jahr. Und folgern: „Wer die ‚Systemfrage’ stellt, lehnt die Grundlagen des Systems ab.“

Nicht alle Äußerungen aus der Linkspartei sind so offen. Im Gegenteil: Für Jesse und Lang ist eine bewusste Mehrdeutigkeit Charakteristikum eines „smarten“ Extremismus, der politische Begriffe okkupiert und umdefiniert, mit Gemeinplätzen und vagen Parolen der Kritik ausweicht. Als ein Beispiel nennen die Autoren die Distanzierung der PDS vom Stalinismus: „Denn ‚Stalinismus’ gilt im Verständnis der PDS als Pervertierung des Kommunismus. Wer ihn ablehnt, kann umso mehr für einen neuen Sozialismus plädieren.“

Mit „smart“ meinen die Autoren aber auch, dass die Linke inzwischen in vieler Hinsicht politisch salonfähig geworden ist, parlamentarische Formen zu wahren versteht und populistisch argumentiert, ohne in die Vulgarität zu verfallen, mit der man am anderen Rand des Spektrums operiert.

Um ihre Thesen zu belegen, skizzieren Jesse und Lang die Geschichte der SED vom Fall der Mauer bis zur Vereinigung mit der WASG, die in ihren Augen keineswegs zur Mäßigung führte, sondern ein neues Reservoir extremistischer Kräfte einbrachte. Sie geben einen Überblick über die inneren Gruppierungen wie „Kommunistische Plattform“ und „Antikapitalistische Linke“, sie beleuchten die Auseinandersetzungen zwischen Reformern und DDR-Nostalgikern, zwischen Pragmatikern in Regierungsämtern und Radikalen in der Opposition. Porträts der wichtigsten Vertreter und Tabellen der Wahlergebnisse runden die bei aller Entschiedenheit im Urteil insgesamt nüchterne und sachliche Darstellung ab.

Literaturangaben:
JESSE,ECKARD/LANG, JÜRGEN P.: Die Linke – der smarte Extremismus einer deutschen Partei. Olzog-Verlag, München 2008. 288 S., 24,90 €.

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