FRANKFURT AM MAIN (BLK) - Politik und Literatur lagen am Freitag (08.10.2010) auf der Frankfurter Buchmesse eng beisammen: Schriftsteller äußerten sich zu politischen Fragen, Politiker stellten ihre Schriften vor. Im Zentrum der Aufmerksamkeit stand der Friedensnobelpreis an den chinesischen Bürgerrechtler Liu Xiaobo. Zugleich wurde der Blick auf die Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels am Sonntag gerichtet, der an den israelischen Schriftsteller David Grossman geht.
Die Schriftstellervereinigung PEN sieht die Ehrung für Liu Xiaobo als Ermutigung für die Menschenrechtsbewegung in China. „Die Botschaft heißt, er ist nicht vergessen“, sagte PEN-Präsident Johano Strasser der Nachrichtenagentur dpa. Strasser wertete die Auszeichnung als wichtiges Signal auch für andere verfolgte Autoren in China.
Der Verlag S. Fischer kündigte an, das erste Buch des inhaftierten Chinesen in Deutschland auf den Markt zu bringen. „Als Dissident ist er sehr präsent. Aber es gibt kaum etwas von ihm zu lesen, schon gar nicht auf Deutsch“, sagte der Programmleiter Sachbuch, Peter Sillem, der dpa. Es handle sich um ausgewählte Schriften Lius, sie sollen im Herbst kommenden Jahres in Deutschland erscheinen.
Altbundeskanzler Helmut Kohl, der als Kandidat für den Friedensnobelpreis gehandelt worden war, zeigte sich „nicht enttäuscht“. „Ich weiß nicht, was die Zukunft bringt“, sagte der CDU- Politiker, der auf der Messe einen Bildband über sein politisches Wirken vorstellte. „Ich war ja nicht das erste Mal auf der Liste, also würde ich sagen, wir warten mal in Ruhe ab.“
Mit Buhrufen und Applaus wurde Thilo Sarrazin auf der Messe empfangen. Auffallend viele junge Zuschauer waren gekommen, die eifrig Handyfotos machten, als Sarrazin sein umstrittenes Buch „Deutschland schafft sich ab“ präsentierte. Seinen Kritikern warf er vor, sein Buch vielleicht gar nicht gelesen zu haben und riet: „Die intelligenten Menschen sollten dafür sorgen, dass sie eine bestimmte Zahl von Kindern bekommen.“
David Grossman setzte sich am Freitag auf der Messe erneut für eine Zweistaatenlösung im Nahen Osten ein. „Es ist zu viel verlangt, Liebe einzufordern“, sagte der 56-Jährige. „Aber wir sollten gute Nachbarn sein können.“ Der renommierte Schriftsteller wird am Sonntag den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels entgegennehmen.
Doch auch die belletristische Literatur kam nicht zu kurz. Star war Jonathan Franzen, der seinen neuen Roman „Freiheit“ vorstellte. Franzen, der als Student in Berlin lebte, wollte unbedingt Deutsch sprechen, strauchelte aber beim Sprechen. „Das ist mir peinlich, so dumm zu sein“, witzelte er dann. (Hier geht es zur Leseprobe von „Freiheit“.)
Unterdessen zeichnet sich ein leichter Besucherrückgang auf der Buchmesse ab. Am Donnerstag kamen 55.000 Menschen auf die weltgrößte Bücherschau, 3,2 Prozent weniger als im Vorjahr. Am Wochenende ist die Messe auch für das Lesepublikum geöffnet. (mas)