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Historische Neuerscheinung

Mit Rebecca Gablé im England des Jahres 1147

© Die Berliner Literaturkritik, 20.10.09

Von Chris Melzer

Ein gewisses Muster in ihren historischen Romanen kann Rebecca Gablé nicht bestreiten. Immer ist ein pubertierender Junge der Held ihrer Romane, von Adel zwar, aber weitab von den Höfen des Mittelalters. Mehr durch Zufall geraten die Caedmons, Johns und Jonahs in die Nähe der Mächtigen, gewinnen deren Vertrauen und begleiten die historischen Persönlichkeiten durch ihre Zeit. In Gablés neuem Buch, „Hiobs Brüder“, scheint sich auch das zu wiederholen, doch diesmal macht die 45-Jährige ein paar Schlenker. Der Roman ist trotzdem ein «echter Gablé»: Unterhaltung im besten Sinne, spannend und lesefreundlich geschrieben und, eine Rarität, historisch korrekt.

Ein Schicksalsschlag steht auch in diesem Buch Gablés am Anfang. Ein Fünfzehnjähriger leidet unter der Fallsucht. Weil Epilepsie selbst im niederen Adel ungebührlich ist, wird er auf eine Insel vor der Küste Englands verbannt. Auf der findet er sich mit anderen Ausgestoßenen wieder: Verrückte, Siamesische Zwillinge, ein junger Mann mit Down-Syndrom - und einer ohne Gedächtnis. Mit Losian schafft Gablé eine zweite Hauptfigur, die die erste bald überragt.

Durch ein Unwetter kann die merkwürdige Schar aus ihrem Gefängnis fliehen und irrt durch das England des Jahres 1147. Hier weicht Gablé wieder von ihrem Muster ab und widmet sich dem Leben der einfachen Bauern des Mittelalters, die nie wussten, ob sie und ihre Kinder den nächsten Winter - oder den nächsten Angriff von Marodeuren - überleben. Und auch den psychisch Kranken widmet sie sich, die Mal als Gottes, mal als Teufels Werk betrachtet wurden. Das ist interessant und findet sonst, trotz der Flut historischer Romane, selten Platz. Zudem kann der Leser bei der Mediävistin Gablé sicher sein, dass er Fakten statt Fantasie liest.

Doch schon bald löst sich die Handlung wieder und kehrt zum Hochadel zurück. Den ganzen Roman überschattet, wie die Geschichte des englischen Hochmittelalters, das Schicksal des „White Ship“. Mit dem Schiff versank 1120 im Ärmelkanal bis auf einen französischen Metzger nicht nur die gesamte Mannschaft, sondern auch William Ætheling, der seinem Vater Heinrich I. auf den Thron hätte folgen sollen. Im Streit um die Krone zwischen Stephan von Blois und Matilda, bei Gablé englisch Maud, versank England über Jahrzehnte im Bürgerkrieg.

Das „White Ship“ segelte schon durch Ken Folletts Erfolgsroman „Die Säulen der Erde“ und auch in Gablés „Das zweite Königreich“ klang es schon an. Tatsächlich ist „Hiobs Brüder“ so etwas wie eine Fortsetzung des Romans aus dem Jahre 2000. Wir haben es mit den Urenkeln der Protagonisten von 1066 zu tun, doch die Anspielungen und Verweise drängen sich nicht auf und das Buch kann auch ohne den Vorgänger gelesen werden. Eines hat es aber mit den anderen „Gablés“ gemeinsam: Es macht einfach Spaß, das Buch zu lesen.

Literaturangabe:

GABLÉ, REBECCA: Hiobs Brüder. Ehrenwirth Verlag, Bergisch Gladbach 2009. 907 Seiten, 24,99€

Weblink:

Ehrenwirth Verlag

 

 

 


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