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Streit um Bühnenfassung

Buchautorin distanziert sich von Franzobel-Stück

© Die Berliner Literaturkritik, 11.12.09

NÜRNBERG (BLK) - Unmittelbar vor der Uraufführung des Stücks „Große Kiste oder Das Spiel vom Zeugen“ an diesem Freitag (11.12.) in Nürnberg hat sich die Autorin der Buchvorlage, Christiane Kohl, von der Theaterfassung distanziert. Diese mache die Grenze zwischen historischer Wahrheit und Fiktionalität nicht ausreichend sichtbar, sagte Kohl der Deutschen Presse-Agentur dpa. Das Theaterstück des Österreichers Franzobel basiere zwar auf ihrem Buch, verfremde und überzeichne den Stoff aber völlig.

Kohl hatte für ihr Buch „Das Zeugenhaus“ die bizarren Begegnungen in einer Nürnberger Villa recherchiert, in der im Jahr 1945 Schuldige, Mitläufer und Opfer des Nazi-Regimes gemeinsam untergebracht waren und auf ihre Vernehmung in den Nürnberger Kriegsverbrecher-Prozessen warteten. Das Staatstheater Nürnberg erwarb von Kohls Verlag die Bühnenrechte und beauftragte Franzobel mit einer Theaterfassung. Die Autorin selbst hatte nach eigenen Angaben keinen Einfluss auf das Stück. Kohl hatte ihre Kritik auch in den „Nürnberger Nachrichten“ (Freitag) geäußert. „Ich möchte nicht die Freiheit der Kunst einschränken und das Stück auch nicht bewerten“, sagte die Journalistin („Süddeutsche Zeitung“) der dpa. „Es ist mir klar, dass das Theater eine eigene Sprache hat.“ In der Fassung von Franzobel werde jedoch nicht deutlich, „dass das mit der historischen Wahrheit nichts zu tun hat.“ Zunächst seien sogar die Namen echter Personen verwendet worden. „Das kann man nicht machen“, sagte Kohl. „Die Menschen haben Vertrauen zu mir gehabt und mir ihr Gedächtnis geöffnet.“

Schauspielchef Klaus Kusenberg sagte, bei Franzobels Stück handle es sich um eine „farcenhafte Zuspitzung“ der Buchvorlage. Dies werde auch das Publikum erkennen. „Niemand wird das mit der historischen Realität verwechseln. Er habe Verständnis für die Position Kohls“, sagte Kusenberg. „Sie hatte sehr eng mit den authentischen Personen oder deren Nachkommen zu tun.“ Das Theater sei aber keineswegs im Streit mit der Autorin.

Möglicherweise wird die irrwitzige Geschichte aus dem Nürnberger „Zeugenhaus“ auch verfilmt: Der Produzent Oliver Berben, Sohn der Schauspielerin Iris Berben, hat die Filmrechte erworben (dpa/len).


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