BERLIN (BLK) – Im Suhrkamp Verlag ist im Januar 2011 von Thomas Bernhard ein Taschenbuch mit dem Titel „Aus Opposition gegen mich selbst - Ein Lesebuch“ erschienen. Es wurde von Raimund Fellinger herausgegeben.
Klappentext: In dem Interview zu seinem 50. Geburtstag erklärte Thomas Bernhard: „Negativ ist alles, gibt nicht Positives.“ Später konstatierte er lakonisch: „Es ist eh’ alles positiv.“ Ist also Thomas Bernhard der große Unfaßbare, der im gleichen Atemzug Gegenteiliges behauptet? Ist sein Werk vielleicht finster und sein Autor ein fröhlicher Clown? Ist er bloß ein opportunistischer Übertreibungskünstler bei allem und jedem? Oder ist er doch der schärfste Kritiker der politischen Verhältnisse im allgemeinen und des „katholisch-nationalsozialistischen Österreich“ im besonderen?
Der vorliegende Band versammelt kurze und längere Texte von Thomas Bernhard, er berücksichtigt alle Gattungen – vom Roman bis zum einzeiligen Leserbrief – und präsentiert das Bernhardsche Werk als einen Kontinent, auf dem es viele überraschende Entdeckungen zu machen gibt. Er bietet somit Bernhard-Anfängern wie Fortgeschrittenen, ja sogar den Spezialisten überraschende und ungeahnte neue Literatur- und Geisteslandschaften.
Thomas Bernhard (geb. am 9. Februar 1931 in Heerlen/Holland, gestorben am 12. Februar 1989 in Gmunden/Oberösterreich) ist einer der bekanntesten und literarisch einflussreichsten österreichischen Schriftsteller. Er hat als Autor von Gedichten, Erzählungen, Romanen und Theaterstücken ein Gesamtwerk geschaffen, das zu den bedeutendsten schriftstellerischen Leistungen des 20. Jahrhunderts zählt. (www.thomasbernhard.at)
Leseprobe:
©Suhrkamp Verlag©
Thomas Bernhard
Notiz zu Thomas Bernhard
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geboren am 9. oder 10. Februar 1931 in Heerlen, Holland, zwischen Maastricht und Aachen. Österreichische Eltern, die früh verstorben sind, der Vater 1943 während eines Luftangriffs auf Frankfurt/Oder, die Mutter 1950 an Krebs. Volksschule in Seekirchen a. Wallersee und in Traunstein. Verschiedene Haupt- und Mittelschulen in Salzburg. Zuletzt das dortige Gymnasium. 1947 Eintritt und Absolvierung einer kaufmännischen Lehre. Gleichzeitig Musikstudium am Mozarteum. (Alle Theoriefächer, dann auch Gesang.) 1949 Lungenkrankheit mit vierjährigem Aufenthalt in Spitälern und in der Heilstätte Grafenhof im Pongau. Während des Aufenthaltes dort – immer bettlägerig – viele Operationen, Pneumoperitoneum usw. Idee, aufzuschreiben in Gedichtform. Schon 1949 nach den Sterbesakramenten, das Gefühl, zum zweitenmal das Leben anzufangen. Ein Geschenk – eine Grausamkeit – eine Gelegenheit sich dem Leben einfach zu überlassen – sich in nichts mehr einzulassen, was nichts mit dem Dahinleben zu tun hat. Keine Pläne, keine Interessen eigentlich, gar nichts, alles zu tun, um schreiben zu können, um nichts tun zu können. Überhaupt keine Beziehung zu irgendeiner Religion, aber Gespräche, Anreden, Anklagen, Auskünfte suchen mit, von Gott − Was ist das? 1953-1955 Gerichtsberichterstatter und Kunstkritiker zuerst des „Demokratischen Volksblattes“ (sozialistisch) dann der „Salzburger Nachrichten“ (die grauenhafteste Form von Zeitung, von „Blatt“ die es gibt). 1955 Antritt der Studien am Schauspielseminar des Mozarteums (Paumgartner, Leisner und andere Nichtswürdige, aber Eitle und Belesene) mit viel Theaterspielerei z. B. in Lessings „Der junge Gelehrte“ den Crysander, in Anouilhs „Antigone“ den Sprecher, in Kabaretts und Operetten. Mitwirkung bei Aufführungen des Landestheaters und der Festspiele, so jährlich mit einigen Noten in der c-Moll-Messe in Sankt Peter. 1957 „Reifeprüfung“‚ auch in „Regie“ mit einem Essay über Bert Brecht und der Einrichtung dreier (meiner bis dahin liebsten Theaterstücke) Kleist: „Zerbrochener Krug“. Büchner: „Leonce und Lena“. Thomas Wolfe: „Herrenhaus“. Gespielt wurde davon leider nichts. In der Zwischenzeit sind viele Artikel über Theater oder Autoren entstanden, die in Provinzblättern und in der „Furche“ erschienen sind. (Alle nicht mehr vorhanden und unwichtig). Herbst 1957 erster Gedichtband bei Otto Müller: „Auf der Erde und in der Hölle“. Frühjahr 58: „In hora mortis“, ein Psalm, den niemand versteht – hat mit Katholizismus überhaupt nichts zu tun. Gleichzeitig bei Kiepenheuer u. Witsch: „Unter dem Eisen des Mondes“. – Niemand versteht etwas von Gedichten, oder nur zwei oder drei Leute, die mir bekannt sind: Ludwig von Ficker und noch zwei andere, ungenannte. Am besten wäre, überhaupt nichts zu sagen, weil die Leute aus allem etwas anderes herauslesen, als ich mir denke. Schweigen – Schweigen – Schweigen – Aufbegehren – Aufbegehren – Aufbegehren! Und immer sagen was faul ist und niederträchtig. Fast alles ist niederträchtig, der Rest faul. Niemand sieht die „Schönheit der´Welt“, aber alle wollen sie sie beweisen, sie wollen alles unbedingt schön machen – schön muß die Anklage, der Beweis der Faulheit, der Niedertracht sein, schön, vollkommen, die Welt ist es nicht. 1959 Zusammenarbeit mit einem Komponisten, es entsteht in einjähriger Arbeit „Die Rosen der Einöde“. (Eine Perle vor die Säue geworfen.) Schade um sie, um den Haufen Schweiß. Dummköpfe und ätherische Säuglinge bevölkern die Blätter, die Lektorate, aber vor allem die Blätter. Es entstehen kurze Theaterstücke, Szenen, mehr als vierzig, darunter „Köpfe“, vertont vom gleichen Komponisten, wird im Juli 1960 im „Theater am Tonhof“, einer Scheune in Kärnten, aufgeführt mit drei anderen kurzen Szenen: „Die Erfundene“, „Rosa“, „Frühling“. Regie Herbert Wochinz, der verleumdet ward und sich durchsetzen wird! Seit 1957 nurmehr Schreibarbeit – nein – das einzige Schreibvergnügen –. Seit fünf oder sechs Jahren immer wieder längere und weite Reisen nach Süd- und Südosteuropa, jährlich auf den Balkan, in die mazedonischen Berge, nach Sarajewo, Split, in die albanischen Grenzwälder. Auch in europäische Großstädte, um festzustellen, wie weit sie schon sind. Selten in Wien, der Nichtsnutzen, selten unter Deutschen. Arbeit an zwei längeren Prosabüchern (immer wieder) und mehreren kleineren Versuchen. Aber man soll nicht reden über etwas, das noch nicht unter die Leute geworfen ist, man soll überhaupt nichts reden. Ab September 60 im Österreich. Kulturinstitut in London tätig.
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Literaturangabe:
BERNHARD, THOMAS: Aus Opposition gegen mich selbst. - Ein Lesebuch. Herausgegeben von Raimund Fellinger. (suhrkamp taschenbuch 4211) Suhrkamp Verlag, Berlin 2011. 368 S., 10 €.
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