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Tom-Cruise-Biograf Morton: „Habe keine Angst vor Klagen“

Morton gilt seit seinem Bestseller „Diana“ als Fachmann für Enthüllungen über das Leben der Reichen und Schönen

© Die Berliner Literaturkritik, 29.01.08

 

BERLIN (BLK) – Seit seinem 1992 erschienenen Bestseller „Diana – Ihre wahre Geschichte“ gilt der britische Autor Andrew Morton als Fachmann für Enthüllungen über das Leben der Reichen und Schönen. Dem Buch, das damals das englische Königshaus erschütterte, folgten Biografien, unter anderem über Monika Lewinsky, Madonna und das Ehepaar Beckham. Seit Mitte Januar macht Morton Schlagzeilen mit seiner umstrittenen und unautorisierten Biografie über den US-Schauspieler und bekennenden Scientologen Tom Cruise. Zwei seiner Thesen sorgen besonders für Wirbel: Cruise soll der zweite Mann hinter Scientology-Chef David Miscavige sein, und er nutze sein Image als Hollywood-Star, um die umstrittene Organisation in Europa und vor allem in Deutschland zu stärken. Beides bestreiten Cruise und Scientology vehement. In einem Interview mit der Deutschen Presse-Agentur (dpa) berichtet Morton über die Reaktionen auf sein Buch. (dpa/wip)

 

Herr Morton, wie fühlen Sie sich seit der Veröffentlichung Ihres Buches?

Morton: „Ich bin begeistert. Nach nur wenigen Tagen ist es bereits die Nummer eins auf der Bestsellerliste der ‚New York Times’ und die Nummer sechs in Deutschland. Die zweieinhalb Jahre harter Arbeit haben sich also ausgezahlt.“

Es heißt, Sie versteckten sich seitdem aus Angst vor Drohungen von Scientologen?

Morton: „Ich habe nur mein Haus verkauft, weil ich woanders leben wollte. Damit wurde gleich assoziiert, ich würde vor Scientology wegrennen. Das ist nicht der Fall. Es ist Zufall, dass ich zeitgleich mit der Veröffentlichung des Buches umgezogen bin.“

Sie haben also keine Drohungen von Scientologen erhalten?

Morton: „Keine physischen. Meine Arbeit wurde allerdings verbal sowohl vom Anwalt von Tom Cruise als auch von Scientology sehr harsch angegangen und als Lüge abgetan.“

In Ihrem Buch beschreiben Sie Scientology als eine Sekte, die Menschen, sie sich gegen sie wenden, tyrannisiert. Lässt man Sie ungeschoren davon kommen?

Morton: „Es gab noch keine körperlichen Bedrohungen und ich klopfe auf Holz, dass es so bleibt. Allerdings benutzt Tom Cruise seine Macht in Hollywood, damit ich nicht ins amerikanische Unterhaltungsfernsehen komme. Er ist der größte Unterhaltungsstar der Welt, aber ich bin bisher noch in keiner Unterhaltungsshow in den USA erschienen.“

Tom Cruise verhindert Ihre TV-Auftritte?

Morton: „Ich erzähle Ihnen etwas: Die Produzentin einer Unterhaltungsshow in Hollywood hat meinen PR-Manager angerufen und sagte, es gebe Gerüchte, ich würde in Ihrer Show auftreten. Ich solle doch, bitte bitte, diese Gerüchte abstreiten, da es ihre Beziehung zu Tom Cruise beschädigen würde.“

Was halten Sie davon, dass Ihre Biografie von den Medien zum Teil scharf kritisiert wurde?

Morton: „Es ist interessant zu sehen, dass, kaum ist das Buch auf dem Markt, sich eine große Hysterie um das Buch verbreitet hat. Von der Presse wurde es mit Unglauben betrachtet, es gab Zweifel über die Genauigkeit der Recherche und Verzerrungen. Es heißt, ich würde behaupten, Tom Cruises Tochter Suri sei mit eingefrorenem Sperma des Scientology-Gründers Ron Hubbard gezeugt worden. Das war jedoch nicht ich, das waren andere. Ich wollte in meinem Buch nur den absurden Hype aufzeigen, der um Katie Holmes und die Geburt des Babys Suri gemacht wurde.“

Sind Sie über die Medien-Reaktionen enttäuscht?

Morton: „Sagen wir, sie erinnern mich an die Reaktionen, die kurz nach Veröffentlichung meines Diana-Buches aufkamen. Doch als da die Hysterie erstmal verflogen war, kam heraus, dass es sorgfältig recherchiert und geschrieben war. So wird es diesmal auch sein.“

Wieso sind Sie sich da so sicher?

Morton: „Seit der Veröffentlichung haben mich sehr viele ehemalige Scientologen kontaktiert, auch Menschen, die ich gar nicht kenne, um mir zu sagen, wie präzise und authentisch sie das Buch finden. Aufgrund meines Buches hat sich am vergangenen Sonntag sogar die Nichte des Scientology-Oberhauptes, Jenna Miscavige-Hill, die seit ihrer Geburt bei Scientology war und mittlerweile ausgetreten ist, öffentlich über die Organisation geäußert und mein Buch verteidigt. Das hat es vorher noch nie gegeben, dass ein Mitglied des innersten Kreises der Miscovige-Familie öffentlich Kritik an der Organisation äußert.“

Wie stehen Sie zu dem Vorwurf, für eine Biografie über Tom Cruise nicht selbst mit dem Schauspieler gesprochen zu haben?

Morton: „Ich habe Tom Cruise im vergangenen Jahr im August um ein Interview gebeten – er hat ‚nein’ gesagt. Man muss dazu allerdings wissen, dass man für eine Biografie nicht unbedingt mit der Person, über die man schreibt, sprechen muss. Eine Biografie, die Tom Cruise oder Scientology vorher abgesegnet hätte, wäre doch nicht das Papier wert, auf der sie geschrieben ist. Wichtiger ist es hingegen, mit so vielen Menschen wie möglich zu sprechen, die diese Person umgeben. Ich habe mit über 120 Menschen gesprochen – Drehbuchautoren, Produzenten, Lehrer und ehemalige Mitglieder von Scientology. Darunter waren auch Personen, die ihm sehr nahe stehen. Deren Namen kann ich aber nicht preisgeben, weil ich ihnen Vertraulichkeit zugesichert habe.“

Es kursieren Gerüchte, Tom Cruise wolle Sie aufgrund Ihres Buches in dreistelliger Millionenhöhe verklagen.

Morton: „Davon habe ich gehört. Tom Cruise ist berüchtigt dafür, Menschen zu verklagen, um sie davon abzuhalten, das zu sagen, was sie sagen wollen. Bisher hat er es noch nicht getan. In diesem Fall müssten dann nämlich auch eine ganze Reihe anderer Menschen vor Gericht erscheinen: Cruise ebenso wie seine Ex-Frau Nicole Kidman oder das Oberhaupt der Scientology Organisation, David Miscavige. Eine Gerichtsverhandlung wäre ein großer Zirkus. Es wird interessant sein zu sehen, ob sie sich dafür entscheiden werden.“

Sie haben also keine Angst vor einer Klage?

Morton: „Ich habe keine Angst. Es gibt viele Menschen, die zu mir gekommen sind und die gesagt haben: Hör zu, für das Buch spreche ich mit dir im Vertrauen. Aber wenn sie dich verklagen, dann werde ich für dich vor Gericht aussagen.“

Wie kommt es, dass ehemalige Scientology-Mitglieder mit Ihnen sprechen, obwohl sie zuvor geschwiegen haben?

Morton: „Das war nicht immer einfach. Eine Person, bei der ich mir sicher war, dass sie wichtig ist, habe ich acht Monate lang versucht zu einem Interview zu überreden. Am Ende habe ich es bekommen. Zum einen hat es wahrscheinlich geholfen, dass ich ein bekannter Autor bin und schon andere Biografien vorzuweisen hatte. Zum anderen gab es Menschen, die ähnliche Erfahrungen bei Scientology gemacht hatten wie Tom Cruise und die mir erklären wollten, in welcher Verfassung sich Tom zurzeit befindet, auf welchem Level er ist und wie weit er sich von der Realität entfernt hat.“

Wie würden Sie den Zustand von Tom Cruise beschreiben?

Morton: „Er ist absolut fanatisch in dem, woran er glaubt.“

So fanatisch, dass er sogar seine Bedeutung als Schauspieler benutzt, um den deutschen Markt für Scientology zu ebnen, wie Sie schreiben?

Morton: „Absolut.“

Wie kommen Sie darauf?

Morton: „Tom Cruises Karriere basiert auf Hollywood. Mit seinem jüngsten Film ‚Valkyrie’ (worin Cruise den Hitler-Attentäter Graf von Stauffenberg spielt, Anmerkung der Redaktion) nimmt er sich eines Themas an, dass hauptsächlich den deutschen Markt interessiert. Das ist eine ungewöhnliche Wahl. Der Film ist ein Trojanisches Pferd, mit dem er nach Deutschland kommt, damit die Deutschen über Scientology diskutieren, ob es praktiziert werden darf oder nicht. Es ist kein Zufall, dass der Film zur gleichen Zeit in Deutschland produziert wird, in der Scientology aktiv versucht, die Organisation hier bekannter zu machen. Das ist jetzt auch Teil von Tom Cruises Job.“

Als zweithöchstes Mitglied bei Scientology, wie Sie schreiben?

Morton: „Genau.“

Haben Sie dafür irgendwelche Beweise?

Morton: «Sehen Sie, es geht hier nicht um einen Titel. Aber sein bester Freund ist David Miscavige, das Oberhaupt der Organisation. Cruise unterstützt die Organisation mit Millionensummen, er wirbt neue Mitglieder, er steht in vorderster Linie für Scientology und wird von ihnen wie ein König behandelt, das alles endet darin, dass er die Nummer zwei ist.“

Sind Sie der Meinung, Tom Cruise sollte deswegen für immer von den Kino-Leinwänden verbannt werden?

Morton: „Nein, der Meinung bin ich sicher nicht. Aber ich denke, es ist wichtig, dass die Menschen wissen, was da vor sich geht. Tom Cruise ist ein Missionar für Scientology.“

Mit Ihrem Buch wollen Sie also Aufklärungsarbeit leisten?

Morton: „Ich glaube, das Buch ist wichtig, weil wir in einem Zeitalter leben, in der Berühmtheiten wie Götter verehrt werden und deswegen für ihre Ansichten, ihre Gedanken und Überzeugungen öffentlich gehört werden – mehr als Politiker. Zudem, und das sehen wir auf der ganzen Welt, leben wir in einer Zeit mit zunehmendem religiösen Eifer, religiöser Intensität. Scientology geht es um die Weltherrschaft, sie wollen, dass alle Menschen an ihre Lehre glauben. Darüber muss man sich bewusst sein, wenn man über Tom Cruise spricht.“

(Interview: Silke Katenkamp, dpa)


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