Werbung

Werbung

Werbung

„Trotz allem: Ich mag ihn.“

Der Reportageband „Menschen im Kölner Dom“

© Die Berliner Literaturkritik, 09.04.09

 

Von Britta Schmeis

Es ist eine Hommage an den Kölner Dom und an seine Menschen: den Straßenkehrer, den Glöckner, den Dachdecker, den Chorknaben und nicht zuletzt den Kardinal. Christoph Driessen und Fotograf Oliver Berg lassen in dem Reportageband „Menschen im Kölner Dom“ 22 Protagonisten von ihrem Arbeitsplatz, ihrem Ruheort, ihrer Freizeitstätte oder ihrem Lebensraum erzählen. Dabei sind es vor allem die abwegigen, überraschenden Geschichten, die dem Leser eine der beliebtesten Sehenswürdigkeiten Deutschlands und die kölsche Lebensart zum Greifen, Fühlen und Riechen nahe bringen.

Mehrmals haben sich Leute nackt ausgezogen – manche waren verwirrt, andere wollten damit gegen einen Missstand protestieren, wieder andere ließen sich fotografieren. Einmal versteckte sich ein Liebespaar im Beichtstuhl, dann wieder stellte eine betrunkene Frau eine Schnapsflasche ins Weihwasserbecken“, lässt Driessen den Domschweizer Leo Liedl erzählen. Von dem Dachdecker Hans Tanzyna, der seit 30 Jahren auf dem Dach des Doms arbeitet und wohl nie mit seiner Arbeit fertig werden wird, erfährt er, dass Steinmetze in den 1960er Jahren ihre Idole – etwa einen Fußballspieler des 1. FC Köln, ein fülliges Funkemariechen oder einen ganzen Karnevalszug samt Dreigestirn in der Außenwand in luftiger Höhe verewigt haben. So hoch kommt schließlich niemand.

Eine weitere der 22 über eineinhalb Jahren bei der Deutschen Presse-Agentur dpa erschienen Reportagen erzählt von dem Falkner des Doms: Claus Doering (Jahrgang 1922) hat 1979 die Wanderfalken auf dem Kölner Dom angesiedelt und damit den großen Raubvogel an Rhein und Ruhr wieder heimisch gemacht. Noch heute geht der fast 90-Jährige in der Domverwaltung ein und aus und schafft es ohne große Klagen und Stöhnen den Turm hinauf. Obwohl es das Amt des „Domfalkners“ nie offiziell gab, bekleidet er es noch heute.

Driessen gibt zusammen mit dem Fotografen Berg einen Einblick in den Alltag des Kölner Doms – neben dem von Chorknaben, Messdiener, Organist und Probst, eben auch den der Bettlerin vor dem Haupteingang, der „vielleicht einzigen Raumpflegerin Deutschlands mit abgeschlossener Steinmetzausbildung und abgeschlossenem Studium zur Diplomrestauratorin“ und des Straßenkehrers Werner Oberlack. Seit zehn Jahren läuft er acht Stunden am Tag um den Dom und kehrt. „Das ist schon interessant», erzählt er und macht damit den Stolz auf seinen Dom deutlich, den wohl die meisten Menschen in Köln empfinden.

Und so gelingt es den beiden dpa-Journalisten in Wort und Bild die Menschen und die Stimmung um das bedeutende Kunstwerk Dom zu beschreiben. Der ewig zugige Wind auf der Domplatte, die staunenden Touristen und die trotz allen Trubels sakrale Stimmung in dem Gotteshaus bringen sie Leser und Betrachter eindrucksvoll nah. Selbst die Kritiker – zwei iranische Studenten und eine Dame vom Kölner Frauengeschichtsverein – kommen zu Wort. Doch auch die kommen am Ende zu dem Schluss: „Ich find’ ihn schön, den Dom. Trotz allem: Ich mag ihn.“

Literaturangaben:
DRIESSEN, CHRISTOPH; BERG, OLIVER: Menschen im Kölner Dom. Greven Verlag, Köln 2009. 128 S., 19,90 €.

Verlag


Bookmark and Share

BLK mit Google durchsuchen: