Werbung

Werbung

Werbung

Gefeiert und geächtet

Am 30. September wäre der Truman Capote 85 Jahre alt geworden

© Die Berliner Literaturkritik, 30.09.09

Am 15. November 1959 brechen die ehemaligen Häftlinge Perry Edward Smith (31) und Richard Eugene Hickock (28) in das Haus des vermögenden Farmers Herbert Clutter ein. Enttäuscht von einer geringen, nur 40 Dollar betragenden Beute ermorden sie das Ehepaar Clutter sowie deren Kinder Nancy und Kenyon. Für dieses Verbrechen werden Smith und Hickock am 14. April 1965 hingerichtet. Ihre grausame Tat sowie die Vorgeschichte zu derselben diente dem Schriftsteller Truman Capote als Vorlage für einen Tatsachenroman mit dem Titel „In Cold Blood“ (1965; dt. „Kaltblütig“), der einerseits die Gattung des „New Journalism“ begründete und andererseits zu einem viel beachteten Bestseller avancierte. Neben dem im Jahr 1958 veröffentlichten Roman „Breakfast at Tiffany’s“ gilt „In Cold Blood“ als bedeutendstes Werk des exzentrischen Schriftstellers.

Truman Capote wurde am 30. September 1924 in New Orleans als Truman Streckfus Persons geboren. Bevor er mit seiner Familie im Jahr 1934 nach New York zog, verbrachte er den Großteil seiner Kindheit bei seiner Großmutter. Nach ersten künstlerischen Tätigkeiten gelang Capote 1945 mit den Erzählungen „My Side of the Matter“, „Miriam“, „Tree of Night“ und „Jug of Silver“ der literarische Durchbruch. Seitdem galt er als bedeutendster Nachwuchsautor seiner Generation. Sein 1948 veröffentlichtes Romandebüt „Other Voices, Other Rooms“ (dt. „Andere Stimmen, andere Räume“) wurde eine literarische Sensation: Es spaltete die Kritiker und stieg zum meistdiskutierten Buch des Jahres in Amerika und Europa auf.

In den 50er Jahren reiste Capote für längere Zeit durch Europa und versuchte sich dabei an Reisebeschreibungen, Musicals und Drehbüchern. Ab 1960 begann er eine sechs Jahre andauernde Recherchearbeit für sein Buch „In Cold Blood“. Während dieser Zeit wurden die beiden Täter von ihm interviewt. Des Weiteren wurden die Hintergründe ihres Verbrechens akribisch beleuchtet und aufgedeckt sowie die Vorgeschichte der Verurteilten rekonstruiert. 1966 löste die Erscheinung dieser Arbeit eine Medienlawine aus, die in einer von Capote ausgerichteten Mega-Party („Black-&-White-Ball“) in New York endete. Die von ihm festgehaltene Geschichte um den Mord an den Clutters wurde später mehrmals verfilmt.

Nach der aufwendigen Arbeit an „In Cold Blood“ war Truman Capote ausgebrannt. Er arbeitete erfolglos an Drehbüchern, verfiel dem Alkohol und anderen Drogen, ging zahllose Affären ein und besuchte ab und an als Häftling das Gefängnis. Ganze acht Jahre lang veröffentlichte Capote keinerlei Prosa. Dies änderte sich erst mit dem Erscheinen des 1. Kapitels von „Answered Prayers“ (dt. „Erhörte Gebete“) im Jahr 1975. Die in diesem Sittenpamphlet versammelten Enthüllungen, Details und Indiskretionen über die Mitglieder der damaligen High Society führten einerseits zum Suizid der Millionärswitwe Ann Woodward und andererseits zur gesellschaftlichen Ächtung Capotes.

Nach dem Ausschluss aus den höheren Gesellschaftskreisen und der damit verbundenen Zerstörung jahrzehntelanger Freundschaften versank Truman Capote in Depressionen. Er blieb weiter drogenabhängig, feierte Partys im legendären „Studio 54“ und setzte erst nach mehreren Klinikaufenthalten seine schriftstellerische Tätigkeit fort. 1980 veröffentlichte er dann seinen Erzählband „Music for Chameleons“ (dt. „Musik für Chamäleons“). Nur vier Jahre später, am 25. August 1984, starb Capote an einer Überdosis Tabletten in Los Angeles. Seinem Tod gingen durch die Drogensucht hervorgerufene Halluzinationen und zahlreiche Aufenthalte in Sanatorien voraus.

Von Christian Müller


Bookmark and Share

BLK mit Google durchsuchen: