Von Axel Knönagel
Schwedische Kriminalromane sind seit Jahren im Trend. Auch „Nebelsturm“, der zweite Roman von Johan Theorin, passt auf den ersten Blick in diese Kategorie. Aber die Aufklärung des Todesfalls, mit dem das Buch beginnt und der immer wieder die Gedanken der Hauptfigur beherrscht, stellt nur einen Teil der Handlung dar. Zusätzlich ist das Buch auch Mysterythriller, Familienroman und psychologischer Thriller.
Einen wesentlichen Anteil an der Spannung im Roman hat die Ostseeinsel Öland. Dorthin zieht eine junge Familie, die sich ein abgelegenes Gehöft als neue Heimat herrichten will. Doch schon bald ändert sich alles, als die Ehefrau und Mutter zweier kleiner Kinder unter ungeklärten Umständen ums Leben kommt. Sich mit diesem Schicksalsschlag zurechtzufinden, fällt dem Ehemann ohnehin schwer, aber die unheimliche Atmosphäre des Gehöfts lässt ihn mehr und mehr zu der Überzeugung kommen, dass der Geist seiner Frau noch auf dem Gelände ist. Niemals wird klar, was real ist, und was Einbildung. Alles auf der Insel scheint bestimmt „von unsichtbarer Gefahr und schrecklichen Vorahnungen“.
Erst allmählich wird klar, dass der Umzug nach Öland von Beginn an auch eine tragische Dimension hatte, denn er war auch eine Reaktion auf den Tod der Schwester des Familienvaters. Auch dieser ungeklärte Todesfall nimmt eine immer stärkere, bedrückende Rolle im Leben in der scheinbaren Idylle ein. Nach und nach eröffnet sich ein Bild, das dem ursprünglichen Anschein gründlich widerspricht.
In diese Handlung flicht Theorin weitere Stränge ein. Zum einen schildert er die ersten Wochen einer jungen Polizistin in ihrer neuen Wache, zum anderen verfolgt er die Abenteuer einer Einbrecherbande. Erst zum Schluss des Romans kommen diese Handlungsstränge zusammen, als die Insel zu Weihnachten just zu dem Zeitpunkt von einem tödlichen Schneesturm heimgesucht wird, als alle Personen auf dem Hof zusammenkommen.
Theorin bietet in „Nebelsturm“ abwechslungsreiche Spannung. Zwar sind einige Entwicklungen vorhersehbar, andere bleiben aber bis ganz zum Schluss unklar. Hinzu kommt Theorins Fähigkeit, auch scheinbar Alltägliches mit einer unheimlichen Stimmung zu versehen, so dass selbst die Möglichkeit von Geistererscheinungen auf dem Hof nicht undenkbar erscheinen. Theorins Spannungsaufbau wirkt unterschwellig, aber effektiv.
Literaturangabe:
THEORIN, JOHAN: Nebelsturm. Piper Verlag, München/Zürich 2009. 446 S., 19,95 €.
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