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„Schön nackt“ - Neuer Fotoband zur Aktfotografie in der DDR

Eine schon längst vergessene Ästhetik kommt zum Vorschein

© Die Berliner Literaturkritik, 08.06.09

Wenn es etwas gibt, das seit jeher als DDR - Volkssport herhalten muss, dann ist es die Nudistenkultur der Ostdeutschen. FKK, Freie Körperkultur, so hieß das in der ehemaligen DDR. Mit Kultur hatte dies freilich wenig zu tun, sondern vielmehr mit einem Selbstverständnis fernab der heute vorherrschenden Schönheitskategorien. Daher war das Verhältnis der Menschen im Osten zu ihrem Körper ungestörter, als es heutzutage ist. Nichts beweist dies besser, als der erste Sammelband zur Aktfotografie in der DDR „Schön nackt. Aktfotografie in der DDR“. In dem unter vieldeutigem Titel erschienenen Konvolut sind die Schwarz-Weiß-Fotografien von 18 namhaften DDR-Fotografen versammelt, darunter Günter Gueffroy, Günter Rössler, Gerhard Weber u.v.a.

Die Körpersprache der auf den Fotografien abgelichteten Frauen ist eine völlig andere, als bei der heutigen Aktfotografie. Betrachtet man die Modelle in diesem Band, füllt dort, wo heute billige Laszivität vorherrscht, die weibliche Würde das Bild aus. So tritt hier die bloße Nacktheit der Modelle hinter die Aura zurück, die sie umgibt. Eine längst vergessene Ästhetik kommt zum Vorschein.

Die fotografierten Frauen wirken eher intellektuell und kunstaffin. Sie besitzen die Ausstrahlung und Selbstsicherheit einer Literaturstudentin oder Tänzerin, nicht die einer Friseurin auf der Balz. So müssen die Modelle auch nicht um die Aufmerksamkeit des Fotografen werben. Sie haben sie! Schlicht und einfach! Dabei müssen sie sich nicht verbiegen, präsentieren sich in ihrer intimsten Natürlichkeit. Unrasiert, ungepuscht und unretuschiert. Plagiatsexistik à la Bild-Zeitung findet hier nicht statt.

Und so erzählen diese Fotografien nicht nur von einer anderen Zeit, sondern auch von einer anderen Gesellschaft, in der andere Frauen - und Männerbilder herrschten. Dies wird an der Haltung der Frauen erkennbar, an ihrer Mimik und Gestik, aus denen Natürlichkeit, Offenheit und Interesse dem fotografischen Akt gegenüber zutage tritt. Nicht das Ergebnis steht dabei im Vordergrund, sondern die persönliche Anmut im Moment der Aufnahme.

Dass es sich hierbei um Kunst handelt, wird gleich in vielerlei Hinsicht deutlich. Zum einen waren die Publikationsmöglichkeiten in der DDR stark beschränkt, so dass sich nur Qualität durchsetzen konnte. Darüber hinaus musste der künstlerische Aspekt deutlich im Vordergrund stehen. Sexistik oder Pornografie waren tabu. Und schließlich sprechen auch die Umstände, unter denen die Aufnahmen gemacht wurden, dafür, dass hier Künstler am Werk waren. Existenzialisten, Minimalisten, Improvisionisten. Von professionellen Bedingungen war das alles weit entfernt, auch davon berichten die Bilder. Man sieht die Einrichtungsgegenstände von Privatwohnungen, die offen oder verdeckt als Kulisse herhalten mussten. Zahlreiche Aufnahmen mussten ohne Blitz gemacht werden und etliche sind in der Einsamkeit der Natur entstanden.

Nur wenige der Aktfotografien konnten in der DDR publiziert werden, meist im „Magazin“ oder der Jugendzeitschrift „Neues Leben“. Dass in diesem Band rund 150 Aufnahmen versammelt sind, ist eine späte Hommage an die DDR-Aktfotografie. Fernab von jeder Nostalgie lassen uns diese Bilder einen wichtigen Moment lang über den Wert der modernen Schönheitsmaßstäbe nachdenken.

Von Thomas Hummitzsch

Ausstellung: „DDR hautnah“ (14.05.2009 -12
.06.2009); Fotogalerie Friedrichshain, Helsingforser Platz 1, 10243 Berlin

Im Rahmen der Ausstellung „KunstKreuz“ zeigt die Fotogalerie am Helsingforser Platz wunderschöne Aktfotos aus dem Buch „Schön nackt“, sowie eine unterhaltsame Sammlung von Ansichtskarten aus der DDR. geöffnet Mi. bis So. jeweils 15.00-19.00 Uhr Finissage: 5. Juni 2009, 19.00 Uhr Eintritt frei.

Literaturangabe:

Schön nackt. Aktfotografie in der DDR. Mit einem Geleitwort von Willi Sitte und einem Schlusswort von Jutta Resch-Treuwerth. Verlag Das Neue Berlin, Berlin 2009. 192 S., 19,90 €.

Weblink:

Verlag Das Neue Berlin


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