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Unser gefährlicher Kulturbegriff

Joana Breitenbachs und Pál Nyíris „Maxikulti. Der Kampf der Kulturen ist das Problem“

© Die Berliner Literaturkritik, 27.03.08

 

FRANKFURT AM MAIN (BLK) – Joana Breidenbachs und Pál Nyíris neues Buch „Maxikulti. Der Kampf der Kulturen ist das Problem. Zeigt die Wirtschaft uns die Lösung?“ ist im Campus Verlag erschienen.

Klappentext: Unser Kulturbegriff ist falsch, gefährlich und er kommt uns teuer zu stehen. Er führt zu schlechter Politik, humanitären Katastrophen und der Verschwendung von Milliarden von Euro. Doch es gibt einen Weg zu einem konstruktiven Miteinander.

Kopftuchdebatte, Karikaturenstreit, EU-Osterweiterung: Kulturelle Unterschiede halten immer stärker her als Erklärung für gesellschaftliche Konflikte. Der Glaube an die Unversöhnlichkeit von Kulturen boomt innerhalb Deutschlands und international. Doch ein falsches Kulturverständnis führt zu Vorurteilen und Intoleranz. Wenn Multikulti scheitert, kann Maxikulti der Weg zu einem friedlicheren Miteinander sein. Dieser wird heute schon erfolgreich in der Wirtschaft praktiziert. Diesen Erfolg gilt es, auf unseren Alltag zu übertragen. (tan/wip)

 

Leseprobe:

© Campus Verlag ©

Menschen fühlen sich durch scherenschnittartige kulturelle Annahmen stereotypisiert und nicht als handelnde Individuen wahrgenommen. So wie Atsushi, ein japanischer Student, der an einer australischen Universität einen Linguistikkurs belegte, in dem es um kulturelle Aspekte von Sprache ging. Eines Tages forderte der Dozent ihn auf, den anderen Seminarteilnehmern zu zeigen, „wie Japaner sich begrüßen“. Atsushi hob seine Hand, wedelte mit den Fingern und sagte „Hello“. Der Dozent war unzufrieden: „Ich meine, wie begrüßt du Menschen in eher formellen Situationen?“ Atsushi zuckte mit den Schultern und wiederholte seine Geste. Nun wurde der Dozent – der von Atsushi erwartet hatte, dass er eine Verbeugung vorführt – langsam ärgerlich und fragte: „Was machst Du bitte schön, wenn Du dem Kaiser vorgestellt wirst?“ Atsushi, der sich inzwischen unangenehm bedrängt fühlte, erwiderte, er wolle den Kaiser lieber nicht kennen lernen. Schlussendlich führte der Dozent selbst eine „typische japanische Begrüßung“ vor, während Atsushi noch Wochen später empört von diesem Vorfall erzählte.

Das Bild der interagierenden Kulturen suggeriert, dass Kulturen miteinander kommunizieren, dass sie einen Geist, Gefühle und Strategien haben. Wir tun so, als sei eine Kultur ein autonomes Wesen mit einem Eigenleben. Aber Kultur ist nur ein Konzept. Kulturen treffen nicht aufeinander, sie kämpfen nicht miteinander und sie diskutieren auch nicht miteinander. Es sind immer einzelne Menschen, die miteinander Geschäfte machen, verhandeln, Anweisungen erteilen und entgegennehmen. Alle Menschen sind zwar auch Kinder ihrer Kultur, das heißt sie sind beeinflusst durch die Werte und Verhaltensstandards der sie umgebenden Gesellschaft, sie können aber nicht mit ihr gleichgesetzt werden. Kultur ist vielmehr die heterogene und sich ständig verändernde Matrix, vor deren Hintergrund wir handeln und unsere Welt bewerten, mit der wir uns identifizieren oder von der wir uns abgrenzen, die wir durch unsere individuellen Taten aber auch vorantreiben und verändern.

© Campus Verlag ©

Literaturangaben:
BREITENBACH, JOANA / NYÍRI, PÁL: Maxikulti. Der Kampf der Kulturen ist das Problem – zeigt die Wirtschaft uns die Lösung? Campus Verlag, Frankfurt am Main 2008. 192 S., 19,90 €.

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