Düsseldorf (BLK) - Georges Danton wurde vor 250 Jahren geboren. Nicht nur in Frankreich gedenkt man des Revolutionärs - auch in Deutschland. Namhafte Bühnen spielen Georg Büchners „Dantons Tod“. In Hamburg ging die Premiere schon über die Bretter, Köln kündigt sie an, das Düsseldorfer Schauspielhaus präsentierte am Samstag eine aktuelle Deutung von Peter Eschberg im Großen Haus. Der Beifall war einhellig und dauerte, durchsetzt mit einzelnen Bravorufen, lang an.
Georg Büchners Vierakter, der 1902 in Berlin Uraufführung feierte, spielt in Paris 1794. Ganz im Sinne des Autors arbeitet Regisseur Peter Eschberg den Gegensatz von Danton und Robespierre heraus. Danton treiben Gewissensbisse wegen der Septembermorde in eine Depression, er will Schluss machen mit der Revolution; sie soll in die Republik münden. Robespierre hingegen will die Revolution vollenden, er strebt die soziale Gleichheit an.
Bühnenbildner Hans Hoffer hat einen schrägen Abdeckvorhang für die Vorderbühne gewählt, die an die Schneide des Fallbeils erinnert - alle Revolutionäre sind Tote auf Urlaub. Danton, der Hedonist, der nicht zuletzt die Freiheit erkämpft hat, um sie zu genießen, wird ein Bett zugeordnet, auf dem er in den Armen Marions seine Sorgen zu vergessen sucht. Robespierre, der den Standpunkt der Tugend kompromisslos vertritt, sitzt meistens, streng aufgerichtet in einem Sessel und beobachtet aufmerksam das Geschehen.
Solche Deutlichkeiten haben mitunter die Tendenz, ins Überdeutliche umzuschlagen - Danton verkörpert Rainer Galke, ein schwerer Männerspieler mit respektheischender Korpulenz, Robespierre Götz Schulte, ein schlanker Akteur, der das Asketische Robespierres herausarbeitet. Gleichwohl ist die Klarheit der Inszenierung ihre Stärke. Büchner lehnt sich mitunter an die Redeweise der Revolutionäre an - sie sprechen oft in Gleichnissen, sind für uns heute schwer zu verstehen. Hier half Eschbergs klare Konturierung - die Rede St. Justs, Robespierres Plädoyer für die soziale Revolution und die Verteidigung Dantons vor dem Revolutionstribunal wurden zu Höhepunkten der Aufführung.
Gerade hier wurde die Aktualität des Stoffs deutlich. Zwinki Jeannée hatte Kostüme entworfen, die sowohl an die Epoche der Revolution erinnern wie an die Gegenwart. Die Inszenierung, die klar Partei für Danton und gegen Robespierre nimmt, weist dennoch darauf hin, dass ein Hauptziel der Französischen Revolution, die Égalité, die Gleichheit, bis heute nicht verwirklicht ist.
„Am Anfang war die Finanzkrise“, schreibt Stephan Wetzel, der Dramaturg dieser Danton-Inszenierung in dem lesenswerten Programmheft, auf Parallelen zu hier und heute in der gebotenen Deutlichkeit anspielend. Wetzel zitiert auch Büchner: „Das Verhältnis zwischen Armen und Reichen ist das einzige revolutionäre Element in der Welt.“ Dieses Problem wird eher drängender, als dass eine Lösung in Sicht wäre. Die Abgründe werden tiefer.
Das führt bedrängend diese souveräne, trotz ihrer Überdeutlichkeit sehenswerte Inszenierung vor Augen, die Stoff liefert für lebhafte Diskussionen über Geschichte und Gegenwart, Revolution und Restauration, Gleichheit und Gerechtigkeit. (dpa/wer)
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