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Traven-Krimi entdeckt

Der Literaturwissenschaftler Jan-Christoph Hauschild entdeckte das Manuskript im Berliner Bundesarchiv

© Die Berliner Literaturkritik, 11.08.09

Von Gerd Korinthenberg

BOCHUM/BERLIN (BLK) - Der Schriftsteller B. Traven (1882- 1969), der unter vielen falschen Namen seine Spur zwischen München und Mexiko geschickt verwischt hat, gehört zu den mysteriösen Gestalten der deutschen Literatur. Eine 84 Jahre lang verschollene Detektivgeschichte des bis heute von Rätseln umgebenen Abenteuerschriftstellers ist jetzt im Bundesarchiv Berlin aufgetaucht. Auf das unveröffentlichte Krimi-Manuskript stieß der Bochumer Literaturwissenschaftler Jan-Christoph Hauschild (53) bei seinen Nachforschungen zum Lebenslauf des Schriftstellers.

Traven hatte unter dem Namen Ret Marut seit 1907 als Schauspieler etwa in Düsseldorf und ab 1917 auch als Publizist gewirkt, an der Münchener Räterepublik beteiligte er sich auf Seiten der „Linken“. Nach seiner Flucht nach Mexiko wurde er mit sozialkritischen Romanen wie „Das Totenschiff“ und dem 1948 mit Humphrey Bogart verfilmten Welterfolg „Der Schatz der Sierra Madre“ international bekannt.

Die jetzt als Schreibmaschinen-Manuskript aufgetauchte Detektiv-Story Travens „Der Täter wird gesucht“ war bisher nur aus den Briefen des Autors bekannt, schilderte Hauschild am Dienstag. Der Autor hatte die Erzählung 1925 zunächst aus seinem Exil im mexikanischen Tampico an die Büchergilde Gutenberg als seinen Hausverlag nach Berlin geschickt. Dort sei das literarisch noch keineswegs ausgereifte Werk auf wenig Beachtung gestoßen und vom Verlag an das Feuilleton der SPD-Tageszeitung „Vorwärts“ weitergereicht worden, erklärte der Germanist.

Dort ist das Manuskript zusammen mit weiteren ungedruckten Schriften Joseph Roths und Stefan Zweigs in Briefstapeln „verschwunden“. Die Dokumente haben trotz der Zerstörungen durch NS-Zeit und Krieg mit allerlei SPD-Parteiunterlagen die Zeit überdauert und sind schließlich ins Berliner Bundesarchiv gekommen.

Die Kriminalgeschichte, die auf einem authentischen Mordfall beruhe, sei „eigentlich nur ein biografisch interessantes Zeugnis“, sagte Traven-Kenner Hauschild: „Er hat noch nicht seinen Ton gefunden und ist sehr ideologisch fixiert.“ Den wahren Mordfall habe der 1924 nach Mexiko emigrierte Traven als Beispiel der US-Klassenjustiz interpretiert.

„Bei ihm ist es mysteriös, wie er sich vom drittklassigen Kurzgeschichtenautor in den Epiker von Weltrang hat verwandeln können“, meint der Germanist. Daher sei bei Traven/Marut „die biografische Forschung, die eigentlich ja erlahmt ist, besonders wichtig“. Erst unlängst war dem Bochumer Germanisten der Nachweis gelungen, dass Traven, Herausgeber der anarchistischen Zeitschrift „Der Ziegelbrenner“ und 1919 dem Standgericht in München entflohen, eine bemerkenswerte Ruhrgebiets-Vergangenheit hat. Ein britischer Journalist, der allerdings laut Hauschild in der Traven-Forschung nicht ernst genommen worden sei, hatte schon 1978 herausgefunden, dass Traven als Otto Feige 1882 in Schwiebus, dem heutigen polnischen Swiebodzin, geboren wurde.

Bei seinen von der Kunststiftung NRW finanzierten Recherchen sei ihm aufgefallen, dass Traven in seinen Schriften öfter das Ruhrgebiet erwähne, schilderte der Bochumer Experte. Gut zwei Dutzend Briefe an Stadtarchive im „Revier“ hätten dann unlängst einen überraschenden Fund im Archiv der Stadt Gelsenkirchen zutage gefördert: Ab Sommer 1906 war Otto Feige in der Ruhrgebietsstadt gemeldet.

Hier arbeitete der gelernte Maschinenschlosser als kulturell besonders ambitionierter Leiter der Geschäftsstelle des Metallarbeiterverbandes, bis Feige im Herbst 1907 „verschwand“ und als Autor und Provinz-Schauspieler Ret Marut wieder auftauchte, schildert Hauschild. Die ständige Weiterbildung des jungen Gewerkschafters, seine in Gelsenkirchen nachweisbare intensive Beschäftigung mit zeitgenössischem Theater, Musik und Literatur „hilft zu verstehen, wie aus dem brandenburgischen Arbeitersohn der weltgewandte Schriftsteller B. Traven hat werden können“.

Weblink:

Bundesarchiv


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