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Volker Sommers Plädoyer für den Darwinismus

Presseschau vom 26. März 2008

© Die Berliner Literaturkritik, 26.03.08

 

BERLIN (BLK) – Die „FAZ“ rezensiert Volker Sommers neues Buch „Darwinisch denken“ und Gregor Schiemanns Abhandlung „Werner Heisenberg“. Friedericke Mayröckers Briefsammlung „Paloma“ bespricht die „NZZ“. Die „SZ“ behandelt Cees Nootebooms Textsammlung „Roter Regen“ sowie Ismail Kadares neuen Roman „Spiritus“.

„Frankfurter Allgemeine Zeitung“

Die „FAZ“ bespricht Karlheinz Böhms Autobiografie „Mein Leben“. Diese sei die Neuauflage des bereits 1993 erschienenen Buches „Mein Weg“, wobei das letzte Kapitel einige Ergänzungen aufweise. Der Leser erfahre „kaum Neues“ über Böhms Werdegang; lediglich „die Aufmachung der Memoiren als Bildband“ – er enthalte über 300 Fotos – könne als wirkliche Neuerung angesehen werden. Das Buch sei allenfalls „ein Werk der leichten Unterhaltung“, was vor allem auf die chronologisch angeordneten Anekdoten zurückzuführen sei, welche sich „wie von selbst lesen“, meint die „FAZ“.

Gregor Schiemanns Buch „Werner Heisenberg“ (1901-1976) liefere einen guten „Überblick über Grundzüge“ des Heisenbergschen Denkens, meldet die „FAZ“. Der Autor habe sich vordergründig den wissenschaftlichen Errungenschaften des Physikers zugewandt. Anhand von zahlreichen Auszügen aus „Vorträgen, Aufsätzen und Büchern“ Heisenbergs werden dessen Überlegungen zu „Physik, Philosophie, Wissenschaft und Technik“ anschaulich vermittelt, findet die „FAZ“.

Die Rezensentin Manuela Lenzen befasst sich für die „FAZ“ mit Volker Sommers neuem Buch „Darwinisch denken“. Der Anthropologe und „bekennende Kulturzoologe“ habe sich intensiv mit den „verschiedenen Verhaltensweisen unter nichtmenschlichen Primaten“ beschäftigt und bescheinige diesen ein eindeutiges soziales und kulturelles Interagieren. Trotz des die Tierforschung stets begleitenden Problems, „dass sich kognitive Unterschiede zwischen verschiedenen Arten nicht messen lassen“, lege Sommer bemerkenswerte Erkenntnisse vor. Seine Thesen seien zwar „nicht unbedingt neu“, dennoch bestechen die Beschreibungen „durch Präzision und Sprachwitz“, urteilt Lenzen.

Die Liebesgeschichte „Der Himmel ist blau, die Erde ist weiß“ der japanischen Schriftstellerin Hiromi Kawakami sei „von einer erfrischenden Leichtigkeit“, schreibt Irmela Hijiya-Kirschnereit, Rezensentin der „FAZ“. Die Autorin erzähle hauptsächlich die „nicht ganz klischeefreie Geschichte von einer Frau“ mit – heutzutage eher häufiger auftretenden – Adoleszenzproblemen. Obwohl die Story auf den ersten Blick konstruiert und mitunter sogar plakativ wirken könnte, entpuppen sich einige Szenen doch zunehmend als „verblüffend unscheinbar, aber dabei überraschend natürlich und überzeugend“. Kawakamis neuer Roman zeuge demnach von „etwas packend Authentischem“, wobei die zuweilen durchscheinende Skurrilität des Erzählten ohne jegliche „Gedankenschwere oder Symboltiefe“ daherkomme, meint Hijiya-Kirschnereit.

„Neue Zürcher Zeitung“

Die „NZZ“ widmet sich Margriet de Moors Novelle „Der Jongleur“. Die niederländische Erzählerin schildere hier die Geschichte diverser Artisten, welche in einer Künstlerpension im Amsterdam der 1950er Jahre untergekommen seien. Auf eine „sublime und verwinkelte“ Art gelinge es der „Spezialistin für verdeckte erotische Motive“ die Gedanken und Empfindungen ihrer Figuren aus jeweils unterschiedlichen Perspektiven darzustellen, findet Rezensent Martin Krumbholz. Der schmale Band stecke zudem voller Menschenkenntnis, „tiefem Humor“ und nicht zuletzt einem guten Anteil Erotik. Diese Ingredienzien ergeben dann auch – im richtigen Mischungsverhältnis – den Stoff, aus welchem diese – zwar nicht brillante, aber dennoch solide – Novelle geformt sei, resümiert Krumbholz.

Judith Leister rezensiert Olga Grushins Debütroman „Suchanow verkauft seine Seele“ für die „NZZ“. In ihm gerate die Existenz des 56-jährigen, gut situierten sowjetischen Apparatschiks Anatoli Suchanow ins Schwimmen, als im Jahre 1985 Gorbatschew zum Generalsekretär der KPdSU ernannt wurde. Die Autorin schildere den Wandel jedoch nicht entlang politischer Ereignisse, sondern im Spiegel der zunehmenden Desorientierung des Helden. So gingen Gegenwart und Vergangenheit, Wirklichkeit und Traum, Phantasie und Wahn im Bewusstsein des Protagonisten immer mehr ineinander über. Ähnlich wie bei E.T.A. Hoffmann und Dostojewski würden Doppelgestalten auftreten. Des Weiteren erinnere dieser Roman an Gogols Künstlererzählung „Das Porträt“ (1935). Es lasse sich einwenden, dass das Buch recht konventionell und „manchmal allzu didaktisch“ geschrieben sei. Auf der anderen Seite überrasche es aber auch durch seine souveräne Bauweise und die unerwartete Entwicklung der Figuren.

Thierry Jonquets „Die Haut, in der ich wohne“ sei ein „abgründiger Krimi aus Frankreich“ und gleichzeitig Stoff, aus dem Almodóvar-Filme sind, behauptet Thomas Laux in der „NZZ“. Demzufolge habe der Roman auch einen „schrillen Plot“, der in einem „Frankensteinverdächtigen Showdown“ münde. So sei „Die Haut, in der ich wohne“ ein vergleichsweise dichter, über weite Strecken aber auch menschenverachtender, zynischer und ethisch bedenklicher Krimi, der mit sexuellen Abgründen nicht geizt und dabei vor allem das bei Almodóvar so beliebte Thema geschlechtsspezifischer Identität „lustvoll durchbuchstabiert“. Zusammenfassend sei dieser Roman etwas für Liebhaber des Genres und „für alle anderen gelte: lieber nicht“.

Paul Jandl bespricht in der „Neuen Zürcher Zeitung“ („NZZ“) das Buch von Friedericke Mayröcker, „Paloma“. Mayröckers Prosa, verfasst in 99 Briefen an einen „lieben Freund“, der jedoch eine „Hilfskonstruktion“ sei, erinnere auch an ihren verstorbenen Freund, den Dichter Ernst Jandl (1925-2000). Die Briefe der Schriftstellerin seien „Notate aus dem Alltag“, z.B. die „Erfassung der Welt“ im täglichen Leben oder der Umgang mit Trauer. Der Band sei „voll flügelschlagender Poesie“, wie der Rezensent findet. Das Buch sei Mayröckers „Vergewisserung“ dafür, dass das Leben fortschreite und nicht der Tod.

Das historische Buch „Die andere Front“ von Anton Holzer sei „sehr lesenswert“, urteilt Valentin Groebner für die „NZZ“. Holzer erschieße ein „Bilderbergwerk“ in seinem Buch über die Fotosammlung der Propagandaabteilung des österreichisch-ungarischen Heeres im Ersten Weltkrieg. Holzer habe versucht, sowohl die Arbeitsbedingungen der Fotografen als auch die der Propagandaabteilung zu rekonstruieren. „Eindruckvoll“ seien die Recherchen zu den „gestellten Aufnahmen grimmiger Krieger“ und zum „propagandistischen Umgang“ mit nicht-militärischen Inhalten, z.B. der bäuerlichen „Volkskultur“.

„Süddeutsche Zeitung“

Ismail Kadares neues Buch „Spiritus“ sei ein „bizarrer wie komischer Roman“ über die Jahre der bürokratischen Diktatur in Albanien, bemerkt Rezensent Karl-Markus Gauß in der „Süddeutsche Zeitung“ („SZ“). Kadare deute die systematische Bespitzelung und Kontrolle der Herrschenden als „Wahnsinn in höchster Vollendung“. Der Autor erzähle von „entsetzlichen Dingen“ wie Folter, Verrat und ruinierten Existenzen, schaffe aber auch „aberwitzig komische Episoden“, um den Widersinn einer vollkommen kontrollierten Gesellschaft darzustellen.

Ein „wunderbar anschaulich erzähltes Comic-Erinnerungsbuch“ habe Guy Delisle mit „Pjöngjang“ vorgelegt, urteilt Gottfried Knapp. Delisle habe seine Erlebnisse in der nordkoreanischen Hauptstadt während eines Arbeitsaufenthalts als Kontrolleur in einem Trickfilmstudio in einem Comicroman verarbeitet. Die strenge graphische Ordnung der Bilder spiegle die bauliche Ordnung der Stadt und ziehe den Leser in einen „fast magischen Sog“, bemerkt der Rezensent. Eine „abgründig leise Ironie“, die sich unter die Bilder schiebe, verdeutliche dem Leser auf sinnliche Art, in welchem „atmosphärisch toten Raum“ sich der Zeichner befand.

Cees Nooteboom nehme den Leser mit auf „Streifzüge der Erinnerung“ in seinem Band „Roter Regen“, bemerkt Kristina Maidt-Zinke in der „SZ“. In einem „lockeren Plauderton“ gedenke der Autor in seiner Textsammlung seines ersten Marokko-Aufenthalts. Zu der „federleichten, doch jederzeit geistereichen Anmutung“ der Texte passen die Illustrationen von Jan Vanriet, besonderes Lob geht laut Maidt-Zinke an die Übersetzerin Helga van Beuningen.

Die CD „Wurfsendung. 99 Mini-Hörspiele“ von „Der Hörverlag“ und Deutschlandradio Kultur sorge für „lustige, meist irritierende Momente“ und sei eine „kleine Auszeit im Radioalltag“, befindet Tobias Lehmkuhl. Den 99 Mini-Hörspielen liege eine „witzige Idee“ zugrunde, vorgetragen von starken Sprechern und gestaltet durch „charakteristische Geräusche“, urteilt der Rezensent. Für „skurrile Szenen“ sorge eine Mischung aus Musik und Themen aus den Bereichen der Philosophie, Liebe, Eifersucht, Mord und anderen Begebenheiten des Alltags. (car/mar/mik/wip)

Literaturangaben:
BÖHM, KARLHEINZ: Mein Leben. Suchen Werden Finden. Die Autobiografie. Aufgezeichnet von Beate Wedekind. Collection Rolf Heyne, München 2008. 450 S., gebunden, 75 €.
DELISLE, GUY: Pjöngjang. Comicroman. Reprodukt Verlag, Berlin 2007. 184 S., 18 €.
DER HÖRVERLAG: Wurfsendung. 99 Mini-Hörspiele. Hörbuch. Sprecher: Hermann Bohlen, Leslie Malton, Felix von Manteuffel, Bernd Stempel, Britta Steffenhagen, Gerd Wameling und vielen anderen. Produktion: Deutschlandradio. Der Hörverlag, München 2008. 1 CD, 78 Minuten, 14,95 €.
GRUSHIN, OLGA: Suchanow verkauft seine Seele. Roman. Aus dem Amerikanischen von Elfie Hartenstein. Claassen Verlag, Berlin 2007. 381 S., 19,90 €.
HOLZER, ANTON: Die andere Front. Fotografie und Propaganda im Ersten Weltkrieg. Mit unveröffentlichten Originalaufnahmen aus dem Bildarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek. Primus Verlag, Darmstadt 2007. 368 S., 39,90 €.
JONQUET, THIERRY: Die Haut, in der ich wohne. Roman. Aus dem Französischen von Holger Fock und Sabine Müller. Verlag Hoffmann und Campe, Hamburg 2008. 141 S., 16,95 €.
KADARE, ISMAIL: Spiritus. Roman. Aus dem Albanischen übersetzt von Joachim Röhm. Ammann Verlag, Zürich 2007. 292 S., 19,90 €.
KAWAKAMI, HIROMI: Der Himmel ist blau, die Erde ist weiß. Eine Liebesgeschichte. Aus dem Japanischen von Ursula Gräfe und Kimiko Nakayama-Ziegler. Carl Hanser Verlag, München 2008. 189 S., gebunden, 17,90 €.
MAYRÖCKER, FRIEDERICKE: Paloma. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2008. 200 S., 16,80 €.
MOOR, MARGRIET DE: Der Jongleur. Ein Divertimento. Aus dem Niederländischen von Helga van Beuningen. Carl Hanser Verlag, München 2008. 159 S., gebunden, 16,90 €.
NOOTEBOOM, CEES: Roter Regen. Leichte Geschichten. Aus dem Niederländischen von Helga van Beuningen. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2007. 244 S., 19,80 €.
SCHIEMANN, GREGOR: Werner Heisenberg. Verlag C.H. Beck, München 2008. 158 S., broschiert, 12,95 €.
SOMMER, VOLKER: Darwinisch denken. Horizonte der Evolutionsbiologie. Hirzel Verlag, Stuttgart 2007. 174 S., broschiert, 19 €.

Presseschau vom 25. März 2008

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