MÜNCHEN (BLK) – Im Bertelsmann Verlag ist im Mai 2009 das Buch „Volksparteien ohne Volk“ von Hans Herbert von Arnim erschienen.
Klappentext: In zweistelligen Prozentzahlen kündigt das Volk den Volksparteien die Gefolgschaft auf. Wahlverweigerung, Protestwahl, Mitgliederschwund heißen die Stichworte. Hans Herbert von Arnim, prominenter Parteienkritiker der ersten Stunde, rechnet – gewohnt provokant, verständlich und faktenreich – mit der Parteienkaste ab. Er nimmt den 60. Geburtstag des Grundgesetzes, den 20. Jahrestag der friedlichen deutschen Revolution sowie 15 Wahltermine im Jahr 2009 zum Anlass, Parteien, Politiker und das von ihnen manipulierte Wahlsystem, eigentlich das wichtigste demokratische Machtinstrument, kritisch zu durchleuchten und Reformen anzumahnen. Und er bietet konkrete Lösungsmöglichkeiten an.
Hans Herbert von Arnim, Jahrgang 1939, ist von Haus aus Rechts- und Wirtschaftswissenschaftler. Er war lange Jahre Rektor der Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer und Verfassungsrichter in Brandenburg. Immer wieder provozierte er mit seinen Bestsellern wie „Staat ohne Diener“ und „Fetter Bauch regiert nicht gern“. Er ist Deutschlands bekanntester Parteienkritiker. (kum)
Leseprobe:
©C. Bertelsmann©
Die Demokratie schien im 19. und 20. Jahrhundert unaufhaltsam auf dem Vormarsch. Samuel Huntington beschreibt drei „Wellen“. Die erste war eine Spätfolge der Revolutionen in Amerika und Frankreich und reichte bis in die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg. Die zweite begann mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs und stand unter dem Einfluss der siegreichen westlichen Alliierten. Die dritte Welle begann 1974 mit dem Abschütteln autoritärer Regime in Portugal, Spanien und Griechenland, brachte die Ablösung zahlreicher Militärregime in Südamerika und erfasste nach der Implosion des Kommunismus weite Teile Osteuropas und des Balkans. Doch die Entwicklung war alles andere als gradlinig. Auf jede Welle folgte ein Rückschlag, eine Gegenwelle, in der die Menschen sich wieder von der Demokratie abwandten. Und auch der letzten Welle folgt die Ernüchterung auf dem Fuß.
Mit dem Zusammenbruch des Kommunismus war der westlichen Demokratie der Widerpart abhanden gekommen, im Vergleich mit dem sie stets gut ausgesehen hatte. Jetzt wurden ihre Mängel unbefangener unter die Lupe genommen. Auch der völkerrechtswidrig vom Zaun gebrochene Krieg der USA mit dem Irak, angeblich um dessen Bevölkerung zu befreien und wie seinerzeit Deutsche und Japaner zwangsweise zu demokratisieren, hat der Demokratie geschadet. Überhaupt dürfte die achtjährige Regierungszeit eines George W. Bush mit allen ihren rechtsstaats- und demokratiewidrigen Auswüchsen nicht nur das Ansehen der USA, sondern auch das der Demokratie in der ganzen Welt in Misskredit gebrachten haben. Amerika gilt schließlich als deren Mutterland. Als Reaktion darauf ist auch die Woge der Begeisterung zu erklären, die Barack Obama, der einen demokratischen Neuanfang verhieß, ins Weiße Haus getragen hat.
In Asien wird das Ansehen der westlichen Demokratien dadurch untergraben, dass demokratisch verfasste Länder wie Indien und Japan seit Längerem mit politischen und wirtschaftlichen Problemen kämpfen, während das straff geführte Singapur und Parteidiktaturen wie China und Vietnam wirtschaftliche Erfolge verzeichnen. Früher für selbstverständlich gehaltene Theorien von der Demokratie als Voraussetzung für eine florierende Marktwirtschaft geraten ins Wanken, und die derzeitige Finanz- und Wirtschaftskrise, die die ganze Welt erfasst, könnte das Vertrauen in Demokratie und Marktwirtschaft erst recht erschüttern. Die gleichzeitige Krise beider Systeme macht die derzeitige Lage so brisant.
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Literaturangabe:
ARNIM, HANS HERBERT VON: Volksparteien ohne Volk: Das Versagen der Politik. C. Bertelsmann, München 2009. 384 S., 19.95 €.
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