MÜNCHEN(BLK) – Im September 2009 hat der Carl Hanser Verlag das Buch „Bazar statt Börse“ des Autors Conor Woodman veröffentlicht.
Klappentext: Conor Woodman, Analyst in einem großen amerikanischen Unternehmen in der Londoner City, führt ein Leben, von dem viele träumen: glänzende Karrierechancen, üppiges Gehalt, großzügiges Apartment. Doch die sterile Welt der modernen Finanzzentren stößt ihn immer mehr ab - und so bricht er auf zu einer Weltreise, die gleichzeitig ein atemberaubendes Selbstexperiment ist. Conor Woodman, der gewohnt ist, vom Computer aus Millionenbeträge auf Knopfdruck zu verschieben, tritt an gegen die gewieftesten Händler in aller Welt: Teppichhändler in Marokko, Kameltreiber im Sudan und Pferdehändler in Kirgisien. Er handelt mit Kaffee in Sambia, Jade in China und Rotwein in Südafrika. Die Regeln sind klar: Um seine Reise zu finanzieren, muss er genauso geschickt handeln wie die Einheimischen. Dazu muss er in kürzester Zeit die gerissenen Tricks der Händler durchschauen, die ihn mit herzzerreißenden Geschichten zum Kauf verführen wollen, und darf sich nicht von windigen Geschäftemachern herunterhandeln lassen. Sechs Monate später kehrt Conor Woodman zurück: mit einer Menge Geld, vielen neuen Freunden und interessanten neuen Erfahrungen, wie die Wirtschaft wirklich funktioniert. So funktioniert Wirtschaft wirklich. Erstaunliche Erfahrungen aus der ganzen Welt. Unterhaltsam geschrieben mit britischem Humor.
Der Schriftsteller Conor Woodman hat Wirtschaftswissenschaften studiert und über zehn Jahre lang für führende Finanzinstitutionen in der Londoner City gearbeitet. (ros/wer)
Leseprobe:
©Carl Hanser Verlag©
In den Suks von Marrakesch befindet sich einer der ältesten und halsabschneiderischsten Märkte der Welt. Ich kam zu dem Schluss, dass ich hier anfangen musste, wenn ich mich rund um den Globus als Händler bewähren wollte. Nach meiner Landung in Marrakesch verschwendete ich keine Zeit mit Marktforschung, um herauszufinden, wie ich hier denn Geld erwirtschaften konnte. Ich hatte beschlossen, die Zukunft meines Projekts davon abhängig zu machen, dass ich die Herausforderung bewältigte, mich auf einem alten Markt zu behaupten. Wenn es mir gelang, hier in Marokko in kleinem Maßstab Erfolg zu haben, würde ich mir überlegen, wie ich den Einsatz erhöhen und die Sache ausweiten konnte. Das Problem war, dass ich mir ein Limit von nur 500 Pfund und drei Tagen gesetzt hatte. Am Flughafen traf ich Adnan, meinen Übersetzer und Führer. Er sah in seinem Magnum-Outfit aus wie Tom Selleck, bis zu der Wayfarer-Sonnenbrille von Ray-Ban. In Marokko hat sich in den letzten zehn Jahren eine blühende Filmindustrie entwickelt – in der dortigen Wüste wurden Kassenschlager wie Star Wars und Die Mumie gedreht. Adnan ratterte die zahlreichen Filmprojekte herunter, bei denen er mitgewirkt hatte. Für Leute wie ihn lohnt sich das, er verdient in einer Woche mehr als die meisten Marokkaner im Jahr. Ich mochte ihn sofort: Er konnte Englisch, Französisch und Arabisch und kannte sich auch ziemlich gut mit Teppichen aus…Teppiche sind für Marokko das, was die Kohle einst für das Ruhrgebiet war. In Marokko weiß jeder sehr viel über Teppiche; sein Bruder, sein Onkel, sein Vater und der Nachbar sind alle Experten, jeder scheint aus einer Familie mit einem Geschäft zu kommen, wo die allerbesten Teppiche verkauft werden. Man braucht gar nicht weiter zu suchen, sie werden den Teppich finden, den man haben will, und dann kann man sich bei Pfefferminztee zusammensetzen, während sie ihn einwickeln, verpacken und einem nach Hause schicken (natürlich zollfrei). Das hat einen ganz einfachen Grund: die Touristen. In Marrakesch ist man nämlich auf einen guten Trick gekommen. In Rom wollen ja alle Touristen das Kolosseum sehen – in Marrakesch wollen sie den Suk besuchen und dort feilschen, um ein Schnäppchen zu ergattern. Die Teppichhändler haben es sogar allen Touristen, die Marrakesch auf ihrer Liste abhaken wollen, zur „Pflicht“ gemacht, etwas bei ihnen zu kaufen. Man könnte glauben, angesichts so vieler Käufer müsste es ein Leichtes sein, in Marrakesch einen Teppich zu kaufen und zu verkaufen. Ich war zumindest so vernünftig, mich dieser Illusion nicht hinzugeben. Ich erklärte Adnan, was ich vorhatte, und wir kamen zu dem Schluss, dass der beste Ausgangspunkt der Suk war. Ich wollte möglichst viele unterschiedliche Verkaufsstellen sehen und mit den Händlern sprechen, um herauszufinden, wie die Lieferkette funktionierte und wo man Gewinne machen konnte. Marrakesch ist eine Festungsstadt mit einer einzigartigen, ökonomisch geordneten Struktur. Im Zentrum liegt die Moschee, von dort verläuft alles nach außen. Zunächst kommt ein Ring von Ständen, an denen Devotionalien (Weihrauch und heilige Texte) verkauft werden. Es folgen die Schneider, dann die Teppichhändler, und so geht es bis zur Stadtmauer weiter. Dahinter verkaufen andere Händler Waren, die die Besucher der Stadt in früheren Zeiten brauchten, wie Viehfutter.
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Literaturangabe:
WOODMAN, CONOR: Bazar statt Börse: Meine Reise zu den Wurzeln der Wirtschaft. Carl Hanser Verlag, München 2009. 316 S., 17,90 €.
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