Ariel Magnus: „Ein Chinesen auf dem Fahrrad“
Die amüsante Geschichte „Chinesen auf dem Fahrrad“ entführt in die Wunderwelt chinesischer Mini-Läden in China-Town von Buenos Aires. Ariel Magnus hat eine witzige Liebeskomödie geschrieben, die nicht nur wegen ihrer exotischen Kulisse etwas Besonderes ist. Die ganze Stadt sucht einen mysteriösen Brandstifter, der, so geht das Gerücht, nach seinen Untaten immer auf einem Fahrrad flüchtet. Da der Gesuchte Chinese sein soll, fällt der Verdacht auf Li, der auch gleich verhaftet wird. Bei seiner Verurteilung nimmt Li eine Geisel und entführt sie ins Chinesen-Viertel der argentinischen Hauptstadt. Zwischen beiden entsteht eine Freundschaft. Der entführte Computerfreak Ramiro sieht sich mehr als Gast denn als Geisel und fühlt sich pudelwohl in der für ihn fremden Welt, in der er kein Wort versteht, sich dafür aber halsüberkopf in die hübsche Yintai verliebt.
Georg Kreisler: „Zufällig in San Francisco. Unbeabsichtigte Gedichte“
„Unbeabsichtigte Gedichte“ will Georg Kreisler geschrieben haben, das deutet er zumindest im Untertitel seiner neuen Sammlung „Zufällig in San Francisco“ an. Bekannt für sarkastische Chansons wie „Tauben vergiften im Park“ oder „Schützen wir die Polizei“, will der passionierte Chansonnier nun zunehmend auch als Dichter oder Dramatiker wahrgenommen werden. Die Leichtigkeit seiner Lieder, der schwarze Humor und morbide Charme seiner Texte zeigen sich auch in den eigenwilligen Gedichten des neuen Bandes, das neben den lyrischen auch prosaische Texte enthält. Auch hier schreibt er über den Tod, über die Vergeblichkeit und Einsamkeit, aber er tut dies geradezu beiläufig und nonchalant. Kreisler verpackt in den Versen seine ganze Lebenserfahrung und sein Mittel zum Selbstschutz: Sarkasmus. 1922 in Wien geboren, musste er als Jude 1938 mit seinen Eltern in die USA flüchten. Er begann dort eine Musikerkarriere, kehrte nach Österreich zurück und wurde populär als musikalischer Kabarettist. Für sein Lebenswerk erhielt er den Hölderlinpreis.
Bruno Morchios: „Bitteres Rot“
Eigentlich wählt Bruno Morchio gerne die Altstadt von Genua als Bühne für seine Kriminalromane. In seinem neuen Buch „Bitteres Rot“ greift er dagegen einen Teil der deutsch-italienischen Geschichte auf und verlegt die Handlung in den Widerstand gegen die deutsche Besatzung im Zweiten Weltkrieg. Seinen Helden, den Privatdetektiv Bacci Pagano, lässt er bei seiner Spurensuche aus der Gegenwart eintauchen in die Schatten jener Partisanen-Vergangenheit. Sein Auftraggeber, ein Professor mit Nazi-Vergangenheit, lässt ihn nach dem vermeintlichen Stiefbruder suchen. Er weiß nur, dass seine Mutter Nicla hieß und sein Vater ein Wehrmachtsoffizier war, der bei einem Partisanenanschlag ums Leben kam. Während er unter den schweigsamen ehemaligen Partisanen nach Spuren sucht und mit der Rolle seiner eigenen Eltern im Widerstand konfrontiert wird, wachsen Paganos Zweifel an dem Professor. Morchio bietet dieses Mal zwar keinen lupenreinen Krimi, aber „Bitteres Rot“ liest sich gerade vor dem historischen Hintergrund und durch seine unterschiedlichen Erzählebenen spannend und atmosphärisch dicht.
Ali Sethi: „Meister der Wünsche“
Mit einer Familiensaga macht der pakistanische Schriftsteller Ali Sethi auf sich aufmerksam. Unter dem Titel „Meister der Wünsche“ setzt auch er sich kritisch mit der Geschichte seines Landes auseinander, mit der Militärdiktatur, dem Fluch der Korruption und dem Fundamentalismus. Im Mittelpunkt steht Ich- Erzähler Zaki, der aus Amerika nach Hause zurückkehrt, um bei der Hochzeit seiner Tante dabei zu sein. Er schreibt in den Erinnerungen an seine Kindheit und Jugend von seiner Cousine, die den strengen Regeln des Dorflebens entkommen soll, und von seiner fortschrittlichen Mutter, einer Journalistin. Er erinnert sich an die konservative Großmutter mit ihrem Unverständnis für Demokratie und Emanzipation. Autor Sethi öffnet dem Leser ein Fenster zu seinem Land, durch das mehr zu sehen ist als der Terror, den die Medien so gern aufgreifen. Die Gesellschaft, die er auf 500 Seiten oft sehr detailreich beschreibt, ist zerrissen zwischen der Moderne und der Tradition, zwischen Arm und Reich, zwischen einer Militärdiktatur und dem Hoffen auf demokratische Verhältnisse.
Literaturangaben:
MAGNUS, ARIEL: Ein Chinese auf dem Fahrrad. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2010. 256 S., 17,75 €.
KREISLER, GEORG: Zufällig in San Francisco. Unbeabsichtigte Gedichte. Verbrecher Verlag, Berlin 2010. 119 S., 19 €.
MORCHIO, BRUNO: Bitteres Rot. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2010. 256 S., 8,95 €.
SETHI, ALI: Meister der Wünsche. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2010. 500 S., 16,90 €.
Weblinks: