Von Frederike Frei
Wenn einer nur über eine Wiese geht, die er liebt, wie viele Gräser zertritt er da. Ein Schritt ins Grüne und es ist aus mit den Halmen. Sie liegen geknickt und zerquetscht unter der Ledersohle. Das dichte Gras hat den Spaziergänger vielleicht sogar unbewusst dazu verlockt, drauf zu treten? Ebenso üblich ist es, auch wenn das Beispiel jetzt an Gräsern herbeigezogen scheint, wenn über bewunderungswürdige Poeten hinweggegangen wird, sie unbekannt bleiben, ihre Schätze sogar noch gehoben werden unter Umständen und dennoch wieder vergessen werden mögen. Es hat keinen Sinn, sich die Köpfe zu zermartern und nachzudenken, woran es liegt, wenn einer nicht groß und oder bekannt ist. Ein Schreiber liest und lebt zu Ehren seiner Sprache. Sie hat ihn erkannt und er hat sie erkannt, man gibt sich einander hin. Der Bekanntheitsgrad des Autors oder der Autorin macht es Lesern im Übrigen nur leichter, manchmal leider allzu leicht, eine Auswahl unter den Autoren zu treffen. Wilhelm Busch z.B. war zu seiner Zeit nur unter ferner liefen bekannt, wurde allenfalls in einer Fußnote aufgeführt.
Da hat ein Verlag eine Edition unbekannter Autoren herausgebracht, man wundert sich, dass man sie alle nicht kennt, aber kennen möchte aufgrund ihrer Leseproben, die fesseln durch ihre ausgezeichnete Sprachbehandlung, dennoch bedauert man schon im Hinterkopf, dass man sie wohl doch wieder vergessen wird müssen, weil man für sie keine Zeit hat zur Zeit, keine Muße im Moment und leider auch keine Mäuse. Ja, man ist geknickt, aber es ändert nichts. Die meisten Meister kennt man sowieso nicht. Nicht einmal alle die bekannten kennt einer. Das wächst, das wächst, das wächst alles nach, sag ich mal als Wiesenfan.
Frederike Frei ist Autorin und Literaturveranstalterin. Sie lebt in Potsdam. (www.frederikefrei.de)