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Wanderer zwischen den Welten – US-Autor Louis Begley wird 75

Die Gesellschaft ist in all seinen Büchern Thema

© Die Berliner Literaturkritik, 06.10.08

 

Von Nada Weigelt

NEW YORK (BLK) – Louis Begley war ein international erfolgreicher Wirtschaftsanwalt, Sozius einer der renommiertesten Kanzleien in New York und bereits 58, als er sein erstes Buch schrieb. Es ist die Leidensgeschichte eines kleinen jüdischen Jungen im Nazi-besetzten Polen – seine eigene Geschichte. Der Debütroman „Lügen in Zeiten des Krieges“ (1991) wurde auf Anhieb ein Bestseller und mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Seither gilt Begley als einer der profiliertesten Schriftsteller Amerikas – auch wenn sich seine Themen sehr geändert haben. Am Montag (6. Oktober 2008) wird er 75 Jahre alt.

In einer brillanten Mischung aus Fiktion und Erinnerung erzählt der Autor in seinem Erstling eindringlich, aber auch mit Humor von der Odyssee des jüdischen Jungen und seiner Tante während des Zweiten Weltkriegs. Sie überleben nur, weil sie sich mit gefälschten Papieren als „arische“ katholische Polen ausgeben – in ständiger Furcht vor Entdeckung. Auch er sei an der Ostfront gewesen, schrieb der Autor einmal, „nicht als Soldat, sondern als Tier, das zur Jagd freigegeben war und umgebracht werden sollte“.

Im wirklichen Leben hieß Louis Begley damals noch Ludwig Beglejter und die Tante war seine Mutter. Der Vater, ein Arzt, war von den Russen zwangsweise zum Krieg eingezogen worden. Nach einer Flucht zu zweit von ihrem Heimatort Stryj in der heutigen Ukraine über Lemberg und Warschau nach Krakau treffen Mutter und Sohn ihn erst nach Ende der Krieges wieder. Zusammen gehen sie zunächst nach Paris und ziehen 1947 nach New York. Hier wird aus den Beglejters die Familie Begley. Und der Sohn erkämpft sich mit eisernem Willen einen Platz in der Gesellschaft, die in all seinen späteren Büchern Thema wird.

Es ist die Welt der New Yorker Bildungselite, wo Macht und Geld das Leben bestimmen. Meist geht es um ältere Männer, Liebe und Sex, Versagensängste und Verlust, die Suche nach der eigenen Identität und die Angst vor dem Tod – und immer wieder um den versteckten Antisemitismus, den es auch in dieser Gesellschaft gibt. Nach den Romanen „Wie Max es sah“ (1995) und „Der Mann, der zu spät kam“ (1996) wird vor allem „Schmidt“ (1997) ein großer Erfolg. Die Oscar-nominierte Verfilmung mit Jack Nicholson in der Rolle des nach seiner Pensionierung von Selbstzweifeln befallenen Versicherungsvertreters lockte 2002 Millionen von Menschen in die Kinos.

Daneben machte sich der einstige Harvard-Absolvent („summa cum laude“) auch als Autor zeitkritischer Essays einen Namen. Aufsehen erregte im August 2006 sein Beitrag in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, in dem er den deutschen Literatur-Nobelpreisträger Günter Grass wegen dessen Umgang mit seiner Vergangenheit in der Waffen-SS ausdrücklich der Lüge beschuldigte. „Es ist ein moralisches Debakel, dass Grass sich entschlossen hat, zweiundsechzig Jahre lang zu lügen“, schrieb er damals mit der Wut eines Mannes, der es sich zur Gewohnheit gemacht hatte, keinem Deutschen die Hand zu geben, der alt genug war, im Zweiten Weltkrieg Waffen zu tragen.

Anfang 2007 zog Begley sich aus seiner Wirtschaftskanzlei Debevoise & Plimpton zurück und widmet sich seither ganz dem Schreiben. Sein jüngster und achter Roman „Ehrensache“ über drei alternde Harvard-Alumni stieß allerdings auf eher verhaltene Kritik. Die „New York Times“ urteilte: „Keiner seiner Protagonisten kommt als fesselnder oder auch nur glaubwürdiger Charakter herüber.“ Begley hat für die eigentümliche Eingefrorenheit seiner Figuren eine eigene Erklärung. „Ich nehme an, ich bin selbst irgendwie so. Und wenn diese Gefühle aus mir herauskommen, ist es unvermeidbar, dass meine Figuren darunter leiden.“

Literaturangaben:
BEGLEY, LOUIS: Lügen in Zeiten des Krieges. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2004. 222 S., 8 €.

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