Hamburg (BLK) – Im Februar 2010 ist die Autobiographie „Heimwege“ von Gerd Fuchs erschienen.
Klappentext: „Über die Blindgänger war noch nicht entschieden. Die Zünder rosteten. Dies war einmal die Innenstadt von Köln gewesen. Das Leben begann.“ Kurz nach dem Krieg stand Gerd Fuchs als Studienanfänger in der zerbombten Großstadt, am Anfang seiner Journalisten- und Schriftstellerkarriere. Jahrzehnte später blickt er zurück und gräbt im Erinnerungsschutt nach Glutnestern. Ob er über seine Zeit in Köln als „möblierter Herr“ schreibt, der mit seiner Zimmerwirtin Spekulatius isst, über seine Kindheit im idyllischen Hunsrück, die bald durch Bombergeschwader zerstört wird, oder sich mit seinem nie ganz fassbaren Vater auseinandersetzt, immer legt er den glühenden Kern frei. Zu lesen, wie sich der angehende Autor auf einer Lesung der Gruppe 47 einfindet, ständig mit Günter Grass’ Frau tanzt, ohne zu wissen, mit wem er die Ehre hat, und schließlich auf dem Foltersessel seinen Text vorliest, ist eine Bereicherung der Literaturgeschichtsschreibung. Und so entsteht aus Momentaufnahmen und Reflexionen eine Autobiografie in Schlaglichtern.
Gerd Fuchs, geboren 1932 in Nonnweiler (Saar), arbeitete als freiberuflicher Publizist, als Feuilleton-Redakteur bei der „Welt“, als Kultur-Redakteur beim „Spiegel“, und ist seit 1968 freiberuflicher Schriftsteller. Er wurde ausgezeichnet mit dem Förderpreis des Lessing-Preises der Stadt Hamburg, dem Förderpreis für Literatur der Stadt Hamburg und dem Kunstpreis der Stadt Saarbrücken. Er ist Mitglied des PEN und lebt in Hamburg. 2007 erhielt Gerd Fuchs den Italo-Svevo-Preis.
Leseprobe:
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Alles sprang jetzt auf. Man drängte zum Ausgang, denn von dorther kamen seltsame Laute. Im kalten Aprilwind stand ein Häuflein junger Männer, der Erlangener SDS, wie sich später herausstellte, und sie skandierten im Chor das schlimmste Schimpfwort, das sie sich hatten ausdenken können.
DICHTER! DICHTER! DICHTER!
Doch hatte man am Abend zuvor nicht umsonst zusammen gesessen. Reinhard Lettau verlas hurtig und routiniert eine Erklärung, die den Studenten bereits im Voraus präsentierte, was sie uns möglicher weise mit Gewalt abzupressen gedacht hatten. Darin verpflichtete sich eine Reihe von Autoren, die Springer-Presse zu boykottieren. Sie würde im Saal ausliegen, wo man sich ihr durch Unterschrift anschließen könne. Das taten fast alle und auch ich, und so ging man endlich zum Mittagessen. Es wurde in der Loggia serviert, von wo man einen guten Blick auf die Studenten hatte, die dort unten standen und froren und Bild-Zeitungen verbrannten.
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Literaturangabe:
FUCHS, GERD: Heimwege. Edition Nautilus, Hamburg 2010. 256 S., 19,90 €.
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