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„West Side Story“ in Bad Hersfeld

Die gelungene Aufführung eines Klassikers

© Die Berliner Literaturkritik, 17.06.09

Von Maria Panagiotidou

BAD HERSFELD (BLK) — Dass die Darsteller im Musical „West Side Story“ bei den 59. Bad Hersfelder Festspielen ihre Parts bravourös meisterten, blieb den Augen von Regisseur Matthias Davids verborgen. „Ich bin zu nervös gewesen, um das Musical anzugucken und bin die ganze Zeit um die Stiftsruine gelaufen. Aber dem Applaus nach waren die Zuschauer ganz zufrieden“, sagte Davids nach der Premiere am Dienstagabend (16.6.). Der minutenlange Beifall, kräftiges Fußgestampfe und auch vereinzelte „Bravo“-Rufe waren akustischer Beweis genug. Den rund 1.600 Zuschauern in der ausverkauften Stiftsruine gefiel die Inszenierung bei einem der bundesweit bedeutendsten Freilichttheater-Festivals eindeutig.

Vor allem die Hauptdarsteller Leah Delos Santos in der Rolle der Maria und Christian Alexander Müller als Tony ernteten Applaus. Delos Santos überzeugte mit berührender Emotionalität und enormer Bühnenpräsenz in ihrem Gesang, Tanz und ihrer leidenschaftlichen Darstellung. Müller bekam für seine einfühlsamen Gesangs-Solos Beifall. Seine Ausstrahlung blieb allerdings zuweilen ein wenig blass. Ein Volltreffer war die Besetzung der Rolle der Freundin des Sharks-Bandenführers Bernardo, Anita, mit Maaike Schuurmans — gefühlvoll und unverfälscht. Die Niederländerin war bei den Festspielen 2008 mit dem Hersfeld-Preis für ihre „lebensnahe und facettenreiche Darstellung“ als Lucy im Musical „Jekyll & Hyde“ ausgezeichnet worden.

Regisseur Davids blieb bei seiner Inszenierung nah an der Vorlage des 1957 uraufgeführten Musicals. „West Side Story“ nach der Musik von Leonard Bernstein ist eine Adaption von William Shakespeares Tragödie „Romeo und Julia“ in das New York der 1950er Jahre. Die Liebesgeschichte von Maria und Tony spielt vor dem Hintergrund zweier verfeindeter Straßenbanden: den einheimischen Jets, zu denen Tony gehört, und den zugewanderten puertoricanischen Sharks. An der Spitze der Sharks steht Bernardo, Marias Bruder. Als Tonys Freund Riff im Straßenkampf von Bernardo erstochen wird, tötet Tony ihn aus Rache. Am Ende stirbt Tony durch die Kugel eines Sharks-Mitglieds — in Marias Armen.

Die rasche Abfolge dramatischer und lyrischer Szenen und die Tanzeinlagen zu einer Musik, in der sich lateinamerikanische Rhythmen sowie Jazz- und klassische Elemente finden, machten die mehr als zwei Stunden dauernde Aufführung packend und kurzweilig. Die Dialoge waren auf Deutsch, die Lieder — darunter so bekannte wie „Maria“, „Tonight“ oder „America“ — wurden auf Englisch gesungen. Die Choreographie lieferte Melissa King. Die musikalische Leitung hatte Christoph Wohlleben. Das Bühnenbild mit zwei schrägen, meterhohen, halbrunden Stahlgittern wirkte auf den ersten Blick schmucklos. Im Laufe des Stücks aber zeigte sich die Vielfältigkeit durch die unterschiedliche Anordnung. Die Verschiebung der Stahlgitter störte den Fluss des Stückes ganz und gar nicht: Die Darsteller erledigten das im Spiel.

Das Musical bei den Bad Hersfelder Festspielen war schon vor seiner Premiere ein Erfolg — nämlich als Kassenschlager. Für alle 30 Aufführungen ist das Stück bereits ausverkauft. „Das ist eine Menge, bei der man angenehm schläft“, sagte Intendantin Elke Hesse vor der Premiere. „Ich bin heilfroh, dass wir die Rechte für das Musical bekommen haben.“ Die meisten Musical-Klassiker seien in Bad Hersfeld schon gespielt worden, die „West Side Story“ habe bislang gefehlt. Dabei sei das Musical wegen seiner Themen Liebe und Rassenhass immer aktuell.

Die Festspiele waren am Samstagabend (13.6.) in Europas größter romanischer Kirchenruine mit Homers „Odyssee“ eröffnet worden. Als dritte und letzte große Premiere steht am 24. Juni Heinrich von Kleists „Das Käthchen von Heilbronn“ auf dem Programm. Das historische Ritterschauspiel inszeniert die Brecht-Enkelin Johanna Schall. „West Side Story” ist noch bis zum 2. August in Bad Hersfeld zu sehen. Bis dahin will sich auch Regisseur Davids das Stück mindestens einmal ansehen.


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