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Wie werde ich Journalist?

Über W. Schneiders journalistisches Aufklärungsbuch „Deutsch für junge Profis“

© Die Berliner Literaturkritik, 11.03.10

Von Marco Gerhards

Während ich diese Rezension schreibe, sitzt eine aufreizend dralle Brünette auf meinem Schoß und versucht mich mit den offensichtlichen Reizen ihres Körpers vom Schreiben abzuhalten. Sie beugt sich ganz tief über mein Gesicht und gewährt mir vielsagende und erregende Einblicke in ihr Dekolleté. Dort, so ihr Vorschlag, sei der Spannungsbogen dieser Rezension vergraben, ich sollte mal nachschauen. Gerne. Also mache ich mich begierig auf die Suche, nur um festzustellen, dass die von mir generierte Traumblase am Ende des ersten Abschnitts dieser Rezension sich in das auflöst, was sie ist. Eine Schreibtechnik, die den Leser an den Bildschirm fesseln soll, und die mit Einstiegssatz und den berühmten ersten zwanzig Sekunden entweder alles richtig oder schon alles falsch machen kann.

Worum es geht? Um spannende Schreibe, tolldreist tanzende Satzkonstruktionen und das richtige Werkzeug für angehende Journalisten, Redakteure und eben auch Rezensenten. In zwei Schritten zum klaren und verständlichen Deutsch, behauptet die Frankfurter Allgemeine Zeitung auf der Rückseite des Buches und unterschlägt doch die Kernbotschaft des famosen Werkes: Nicht nur das verständliche, sondern vor allem das richtige Deutsch für den Verkauf und das Einfangen des potentiellen Lesers. Und das gelingt, bei Wort, meisterhaft. Von schönen Redundanzen, krampfhaften Synonymen, musikalischen Kommas und knauserigen Adjektiven ist bei Schneider harmonisch die Rede. Die Grundregeln einer einfachen und verständlichen Sprache, einem Habitus, wie ihn Generationen von Chefredakteuren anscheinend ohne die Hilfe vom „Sprachpapst“ gelernt haben, kann man hier nicht nur näher kommen. Nein, man kann sie spüren, riechen, sinnlich erfassen. Sätze wie Pfeile, lebendiges Ein- und Ausatmen. Nicht so überfrachtete, verschachtelte und verklausulierte Konstruktionen wie in diesem Abschnitt.

Wolf Schneider also macht’s besser und leitet zum Selber besser machen herzerfrischend an. Witzig und pointiert, seine eigene Kunst auf höchstem Niveau vorführend. Ja, es fällt nicht schwer, ihm zu folgen und ihm zuzuhören. Nach intensiver Lektüre wird noch was aus dir, du angehender Poet. Aber behalte dir, das vielleicht der einzig fehlende Tipp, das ein oder andere persönliche Schreckensmerkmal bei. Sonst reden und schreiben ja alle das Gleiche.

Zahlreiche germanistische Hilfsbücher hat Schneider schon auf dem Buckel, dieses wird die Bibliothek um ein schmuckes, handliches und kompaktes Werk bereichern. Der SZ-Korrespondent, der NDR-Talkmaster, der Leiter einer Journalistenschule, der Tausendsassa, der weiß, das man mit weniger als tausend Wörtern viel, viel mehr sagt, hat wieder zugeschlagen und anhand seiner eigenen Schreibe geht er mit dem besten und unterhaltsamsten Beispiel voran. Ausgesprochen empfehlenswert, so der Rezensent und die Dame, die, es stimmt nämlich doch!, mittlerweile statt dem tiefen Einblick der freien Aussicht Platz gemacht hat.

 

Literaturangabe:

SCHNEIDER, WOLF: Deutsch für junge Profis – wie man gut und lebendig schreibt. Rowohlt Verlag, Berlin 2010. 192 S., 16,95 €.

Weblink:

Rowohlt Verlag

 

 


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