BERLIN (BLK) – Zwei neue Wilhelm-Busch-Biographien, die je eine unterschiedliche Sicht auf den Dichter bieten, bespricht die „FAZ“. Eine interessante Studie über ein weltweites Phänomen ist „Karaoke“ von Zhou Xun und Francesca Tarocco, meint die „SZ“. Ebenfalls in der Presseschau: Haruki Murakami, Oskar Pastior und „Kulturinsel und Machtinstrument“.
„Frankfurter Allgemeine Zeitung“
Vier Bücher über „Max und Moritz“-Erfinder Wilhelm Busch (1832-1908) stellt die „FAZ“ in einer Rezension vor. So seien zwei neue Biographien erschienen, die indes unterschiedlicher in ihrem Tenor nicht ausfallen könnten, kommentiert die „FAZ“. Musikwissenschaftlerin Eva Weissweiler stelle einen „dunklen Busch“ vor, dessen „Gelächter“ eines der Schadenfreude und des Hohns sei. In „ Ich wollt, ich wär ein Eskimo“ hingegen zeige Gudrun Schury einen „lichten Busch“. Während Weissweiler immer zunächst nach dem Schlimmsten suche, neige Schury dazu, heikle Fragen „mit einem eleganten Federstrich“ beiseite zu schieben. Was nun stimme, schreibt die „FAZ“ sei Auslegungs- und nicht zuletzt Geschmackssache. Dennoch findet der Rezensent, dass Schurys Buch das deutlich bessere sei. Er lobt die flüssige Sprache, der Spaß der Autorin an der Sache zeige. Eva Weissweiler würde sich mit ihrem Gegenstand bisweilen selbst quälen. Beide Biographinnen hätten jedoch eine harte Konkurrenz: Die schon vor dreißig Jahren erschienene, jetzt in revidierter und erweiterter Version neu herausgekommene Busch-Biographie von Gert Ueding. Im Buch des Literaturwissenschaftlers werde Busch wohlbegründet zum exemplarischen Künstler des 19.Jahrhunderts erklärt. Diese Interpretation sei auch heute noch die radikalste, meint der Rezensent. Das Werk sei aber hauptsächlich literarisch und kunstgeschichtlich interessant. Eine Textauswahl „Busch für Boshafte“ habe Thomas Kluge zusammengestellt und mit einem Nachwort versehen, informiert die „FAZ“.
Michael Lentz habe aus über dreihundert, teils vergriffenen Einzelbänden ein Sammelband mit Gedichten von Oskar Pastior (1927-2006) zusammengestellt. Die leichtfüßigen Verse des rumänisch-deutschen Dichters lüden zu einer Reise ins „Land der Sprachspiele ein“, meint die „FAZ“. Pastior bediene sich formaler und semantischer Zaubertricks und zeige einen irrwitzigen Umgang mit der abendländischen Dichtertradition. Seine vielsinnige Sprachartistik habe Pastior über die Jahrzehnte immer weiter gesponnen.
Eine biographische Darstellung von Ricarda Huch habe Barbara Bronnen verfasst, teilt die „FAZ“ mit. Das Bild der „Grand Dame der Literatur“ habe Bronnen aus Befragungen noch lebender Freunde und Mitarbeiter zusammengetragen. Das zunächst an herkömmliche „Frauenbilder“ erinnernde Buch finde bald zu einer spannenden Erzählung. Der ursprünglichen Planung des Buches als Roman verdanke es seine Anschaulichkeit und Lesbarkeit.
Der 1990 erstmals auf Deutsch erschienene Debütroman „Satanstango“ von László Krasznahorkai sei neu aufgelegt worden. In dem Roman würden biblische Metaphorik und drastischer Naturalismus, Endzeitvision und schwärzester Humor virtuos gekreuzt, schreibt die „FAZ“. „Satanstango“ sei nicht nur ein beißender Kommentar zu den letzten Tagen des Sozialismus, sondern auch eine Parabel über die „Condition humaine“.
„Süddeutsche Zeitung“
Die „SZ“ bespricht eine Studie von Matthias Braun namens „Kulturinsel und Machtinstrument“, in der er die Akademie der Künste in der DDR untersuche. Man sei Braun beim Lesen seiner Studie dankbar, dass er darin keine Geschichtspolitik treibe. Aus Aktenmaterial rekonstruiere er Machtverhältnisse, Entscheidungen und Abläufe der Akademie. Er beschäftige sich vor allem mit Fragen nach der Funktion der Akademie und der Rolle des MfS. An die Stelle der kühnen These trete bei Braun die einzig interessante Frage, wie es denn wirklich gewesen sei. Die Studie zeige allemal, wie man die damals entstandenen Zerrbilder durch Quellenkritik und Urteilskraft aufklären kann.
Der Erzählband „Ein Elefant verschwindet“ des japanischen Schriftstellers Haruki Murakami ist nun in einer Neuausgabe erschienen. Murakami verwebe dort konsequent Realistisches und Märchenhaftes in verschiedensten Spielarten. Die Helden Murakamis würden aus der Ich-Perspektive vom „Merkwürdigwerden“ und „Seltsambleiben“ der Welt erzählen. Souverän bezeichnet die „SZ“ die Rückblenden und Zeitsprünge, die den ohnehin offenen Enden den Anschein gäben, überhaupt keine zu sein. Der Rezensent bemerkt, dass die Geschichten durchaus in der Qualität schwanken, lobt aber Murakamis Vielseitigkeit in der sprachlichen Gestaltung.
Die zwei Kulturwissenschaftler englischer Universitäten, Zhou Xun und Francesca Tarocco, hätten mit „Karaoke“ ein interessantes Buch vorgelegt, meint die „SZ“. Darin gehe es um die Entstehung und den weltweiten Erfolg des Phänomens „Karaoke“ in seinen verschiedenen lokalen Ausprägungen. Das Buch verfolge die bis heute immense Verbreitung des Karaoke in Asien und im Rest der Welt. Die Autoren sähen in ihrem Gegenstand mit Recht ein Beispiel dafür, dass Globalisierung nicht automatisch Amerikanisierung bedeute. (wag/wip)
Literaturangaben:
BRAUN; MATTHIAS: Kulturinsel und Machtinstrument. Die Akademie der Künste, die Partei und die Staatssicherheit. Vandenhoeck & Ruprecht. Göttingen 2007. 463 S., 31,90 €.
BRONNEN, BARBARA: Fliegen mit gestutzten Flügeln. Die letzten Jahre der Ricarda Huch 1933-1947. Arche Verlag, Zürich/Hamburg 2007. 191 S., 19,90 €.
KLUGE, THOMAS: Wilhelm Busch für Boshafte. Ausgewählt von Thomas Kluge mit einem Nachwort. Insel Taschenbuch Frankfurt am Main 2007. 138 S., 6 €.
KRASZNAHORKAI, LÀSZLÒ: Satanstango. Roman. Aus dem Ungarischen von Hans Skirecki. Ammann Verlag, Zürich 2007. 317 S., 19,90 €.
MURAKAMI, HARUKI: Ein Elefant verschwindet. Erzählungen. Aus dem Japanischen von Nora Bierich. DuMont Buchverlag, Köln 2007. 189 S., 14,90 €.
PASTIOR, OSKAR: durch – und zurück. Gedichte. Herausgegeben von Michael Lentz. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2007. 320 S., 9,95 €.
SCHURY, GUDRUN: Ich wollt, ich wär ein Eskimo. Das Leben des Wilhelm Busch. Biographie. Aufbau Verlag, Berlin 2007. 412 S., 16 Tafeln, Abb., 24,95 €.
UEDING, GERT: Wilhelm Busch. Das 19. Jahrhundert en miniature. Erweiterte und revidierte Neuausgabe. Insel Verlag, Frankfurt am Main 2007. 429 S., Abb., 26,80 €.
WEISSWEILER, EVA: Wilhelm Busch – Der lachende Pessimist. Eine Biographie. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2007. 381 S., 19,90 €.
XUN, ZHOU / TAROCCO, FRANCESA: Karaoke. The Global Phenomenon. Reaktion Books. London 2007. 207 S., 14 £.
Presseschau vom 16. Januar 2008
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