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Wolfgang Hilbigs Gedichte machen ihn wohl unsterblich

Presseschau vom 30. Mai 2008

© Die Berliner Literaturkritik, 30.05.08

 

BERLIN (BLK) – In höchsten Tönen schwärmt die „SZ“ von den Gedichten Wolfgang Hilbigs, die den ersten Band der Werkausgabe bilden. Die „FAZ“ lobt sowohl „Sämtliche 118 SF-Geschichten“ von Philip K. Dick als auch „Das Puschkinhaus“ des russischen Erzählers Andrej Bitow. Joel Rose Kriminalroman gefällt ihr nicht ganz so gut. Außerdem in der Presseschau: der junge deutsche Erzähler Martin Becker und Elliot Perlman.

„Frankfurter Allgemeine Zeitung“

Dominique Laure Miermont zeichne gekonnt den Lebensweg der Annemarie Schwarzenbach (1908-1942) nach, meint Swantje Karich von der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ („FAZ“). Alexis Schwarzenbach, Urenkel der Familie Schwarzenbach-Wille, setze der Schriftstellerin mit „Auf der Schwelle des Fremden“ ein grandioses Denkmal, berichtet die Rezensentin. Zwei Biografien und mehrere Bildbände versuchten der Lebensgeschichte voller Drogenexzesse und Depressionen gerecht zu werden, berichtet die Rezensentin. „Das Schreiben war der Gottesdienst ihres Lebens“, heißt es in der Biografie „Auf der Schwelle des Fremden“, „das Schreiben beherrschte sie ganz und gar“. Und Annemarie Schwarzenbach habe ihr Medium beherrscht, endet Karich ihre Rezension.

Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ („FAZ“) vermeldet, dass es jetzt alle Science-Fiction-Geschichten von Philip K. Dick (1928-1982) in einer Kassette gebe. Der Autor des durch die Verfilmung bekannten „Blade Runner“ spekuliere ohne Unterlass darüber, was ein Mensch im Verhältnis zur Wirklichkeit sei. „Blade Runner“ ist für den Rezensenten Wolfgang Frömberg ein einfallsreiches Science-Fiction-Buch, „herausragend im Lebenswerk des Wahlkaliforniers“. Das Werk des Proust- und Joyce-Bewunderers erfahre heute eine kritische Betrachtung, die ihm als Verfasser sogenannter Trivialliteratur zu Lebzeiten nicht zuteile wurde, schreibt Frömberg.

In der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ („FAZ“) bewertet Sabine Doering Joel Rose’ Kriminalroman „Kein Rabe so schwarz“. Rose kenne sich als Drehbuchautor von Fernsehserien wie „Miami Vice“ in seinem Genre gut aus, berichtet die Rezensentin, jedoch sei auch er nicht vor Verzettelung gefeit. Joel Rose wolle zu viel auf einmal, merkt sie an. Das permanente Schwanken zwischen Realität und Fiktion mache den Roman schwer nachvollziehbar. Es sei unmöglich für den Leser, zusammen mit dem Detektiv den Fall zu lösen, schreibt Doering, dafür sei das Ende zu willkürlich gewählt.

Dieses Buch rieche nach Winter, beginnt Sabine Berking ihre Rezension von Andrej Bitows „Das Puschkinhaus“ in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ („FAZ“). Dieser Roman sei eine Hommage an die Sprache, nicht nur an die russische, sondern an Sprache im Allgemeinen, begeistert sich die Rezensentin. Der Zauber des Authentischen sei in diesem Roman über sechshundert Seiten beständig, lobt Berking. Der Erzählstil sei stets offen und polyphon. Russland verändere sich permanent und bleibe doch stets gleich. Dieses Motto sei überaus geistreich und amüsant in „Das Puschkinhaus“ nachzulesen, berichtet die Rezensentin. Nach der Ansicht Sabine Berkings ist Andrej Bitows Roman eine Hommage an die Literatur, die alle politischen Krisen übersteht.

Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ („FAZ“) bespricht Lars Gustafssons Verserzählung „Die Sonntage des amerikanischen Mädchens“. Der Titel verweise auf eine real existierende Person, berichtet Rezensent Heinrich Detering. Es handle sich um eine junge Bibliothekarin, die im texanischen Austin 1999 entführt, vergewaltigt und ermordet worden sei. Bereits bei Erscheinen der schwedischen Ausgabe sei die Frage aufgeworfen worden, ob die Dichtung im Namen einer Toten sprechen dürfe, fährt Detering fort. Gustafssons Verse seien gegen das Vergessen geschrieben, sagt der Rezensent. Zugleich lobt er die „makellos übersetzten Bildfügungen“ von Verena Reichel.

„Süddeutsche Zeitung“

Martin Becker liefere mit „Ein schönes Leben“ Talentproben seines grotesken Humors, findet die „Süddeutsche Zeitung“ („SZ“). Die Welt seiner Erzählungen sei eng, provinziell und bevölkert von traurigen Figuren, man könne sie „prächtig und glatt herunterlesen“, schreibt der Rezensent Christoph Schröder. Dabei sei man amüsiert und angetan von einem distanzierten Tonfall der Ironie, der die Figuren begleitet. Die Krux bleibe dennoch: Becker sei ein begabter Erzähler, „allein es scheint so, als wisse er noch nicht allzu viel damit anfangen zu können“.

Die große Bedeutung der Empathie für die Literatur und das Leben beschreibe der australische Autor Elliot Perlman in seinem Roman „Sieben Seiten der Wahrheit“, schreibt Meike Fessmann in der „Süddeutschen Zeitung“ („SZ“). Perlman präsentiere dem Leser einen komplexen Gesellschaftsroman – intelligent, unterhaltsam, versiert. Mit literarischer Einfühlsamkeit und spannender Komplexität stelle der Autor die Schlüsselszenen seines Romans dar. So sei der Leser imstande, der Geschichte problemlos achthundert Seiten zu folgen, ohne das Lesevergnügen zu verlieren, lobt die Rezensentin.

Es könne sein, dass ihn dieser Gedichtband unsterblich machen werde, schreibt Jan Volker Röhnert über Wolfgang Hilbigs (1941-2007) neu aufgelegte „Gedichte“ in der „Süddeutschen Zeitung“ („SZ“). Die Neuauflage der Gedichte des aus Sachsen stammenden Verfassers sei gelungen, meint Röhnert. Hilbig sei ein manischer Erzähler der Realität, die ihm immer wieder zu entgleiten drohe, berichtet der Rezensent. Seine Poesie erschöpfe sich nicht in Alltagsbildern, sondern schaffe aus diesem Material eine Aneinanderreihung von Kunstgebilden. Man müsse lange nach einem Dichter wie Hilbig suchen, erklärt der Rezensent euphorisch. Wolfgang Hilbig sei mühelos im Stande mit den „Größen der Zeitgeschichte“ ins Zwiegespräch zu treten. Kein gängiges Etikett würde seiner Einzigartigkeit gerecht werden, lobt Jan Volker Röhnert.

Christian Freigang bespricht in der „Süddeutschen Zeitung“ („SZ“) Bruno Kleins Geschichtsband „Geschichte der Bildenden Kunst in Deutschland. Band III, Gotik“ und Katharina Krauses Überblickswerk „Geschichte der Bildenden Kunst in Deutschland. Band IV, Spätmittelalter und Renaissance“. Weder Entwicklungsgeschichte von Stilen noch Porträts berühmter Künstler könne der Leser erwarten, dafür aber eine Mischung aus Überblick und Einzelanalysen, die Lust auf Kunst mache, berichtet Freigang. Die insgesamt achtteilige Sammlung habe den Anspruch, aus der Fülle der epochalen Kunst exemplarische Einzelfälle dem Leser verständlich zu machen, lobt der Rezensent. Die Auswahl sei sinnvoll, kompetent und originell. Die Gotik werde zum hochleistungsfähigen Innovationszentrum und die Renaissance werde neu bewertet.

Die Süddeutsche Zeitung („SZ“) bespricht Martin Klugers Roman „Der Vogel, der spazieren ging“. Es handle sich um einen „deutsch-jüdisch-amerikanisch-uruguayischen Familienroman“, meint Rezensent Christoph Bartmann, der aus dem „vollen Leben“ erzähle. Über den „turbulenten, traurig-komischen Familienbegebenheiten“ liege „unverwüstlich gute Laune“. Die Schönheit des Romans resultiere aus einer Überdosis von „Witz, Heiterkeit, Imagination und anderen Zutaten“. Auf Deutsch sei diese Art von Literatur ungewöhnlich. (fri/lea/wip)

Literaturangaben:
BECKER, MARTIN: Ein schönes Leben. Erzählungen. Luchterhand Literaturverlag, München 2007. 188 S., 17,95 €.
BITOW, ANDREJ: Das Puschkinhaus. Roman. Aus dem Russischen mit Nachwort Rosemarie Tietze. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2007. 590 S., 29,80 €.
DICK, PHILIP K.: Sämtliche 118 SF-Geschichten. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Bela Wohl, Thomas Mohr, Clara Drechsler, Harry Rowohlt, Klaus Timmermann u. a. Haffmans Verlag bei Zweitausendeins, Frankfurt am Main 2008. 5 Bände, 3216 S., 49,90 €.
GUSTAFFSON, LARS: Die Sonntage des amerikanischen Mädchens. Übersetzt aus dem Schwedischen von Verena Reichel. Carl Hanser Verlag, München 2008. 92 S., 14,90 €.
HILBIG, WOLFGANG: Werke. Band 1: Gedichte. Mit einem Nachwort von Uwe Kolbe. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2008. 538 S., 22,90 €.
KLEIN, BRUNO (Hrsg.): Geschichte der Bildenden Kunst in Deutschland. Band III, Gotik. Prestel Verlag, München 2007. 640 S., 140 €.
KLUGER, MARTIN: Der Vogel, der spazieren ging. Roman. DuMont Buchverlag, Köln 2008. 318 S., 19,90 €.
KRAUSE, KATHARINA (Hrsg.): Geschichte der Bildenden Kunst in Deutschland. Band IV, Spätmittelalter und Renaissance. Prestel Verlag, München 2007. 640 S., 80 €.
LAVIZZARI, ALEXANDRA: Fast eine Liebe. Annemarie Schwarzenbach und Carson McCullers. Edition Ebersbach, Berlin 2008. 144 S., 18 €.
MIERMONT, DOMINIQUE LAURE: Annemarie Schwarzenbach. Eine beflügelte Ungeduld. Biographie. Aus dem Französischen von Susanne Wittek. Ammann Verlag, Zürich 2008. 480 S., 34,90 €.
PERLMAN, ELLIOT: Sieben Seiten der Wahrheit. Roman. Aus dem Englischen von Matthias Jendis. DVA, München 2008. 859 S., 22,95 €.
ROSE, JOEL: Kein Rabe so schwarz. Roman. Aus dem Amerikanischen von Karen Nölle. Pendo Verlag, München und Zürich 2007. 518 S., 19,90 €.
SCHWARZENBACH, ALEXIS: Auf der Schwelle des Fremden. Das Leben der Annemarie Schwarzenbach. Collection Rolf Heyne, München 2008. 420 S., 58 €.
SCHWARZENBACH, ANNEMARIE: Eine Frau zu sehen. Verlag Kein & Aber, Zürich 2008. 80 S., 12,90 €.

Presseschau vom 23. Mai 2008

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