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Zeugen kultureller Vergangenheit

Jens Rüffers Kompendium „Mittelalterliche Klöster“

© Die Berliner Literaturkritik, 18.12.09

Von Stephanie Tölle

In dem Fernsehporträt „Außer Dienst“ besuchen Sandra Maischberger und Ex-Bundeskanzler Helmut Schmidt das Kloster Chorin in Brandenburg. Schmidt hatte als Soldat während des Zweiten Weltkrieges den Zisterzienserbau für sich entdeckt und kehrte im Laufe der Jahre mehrmals dorthin zurück. Beeindruckt von der Schönheit des Ortes, hingerissen von Architektur und Geschichte des Klosters, schwärmt er auch in „Außer Dienst“ von diesem Kleinod und dessen magischer Anziehungskraft.

Doch Klöster laden uns nicht nur zu Ausflügen und Besichtigungen ein, sie künden auch von unserer kulturellen Vergangenheit. Wer sich mit der Klostergeschichte auseinandersetzt, erfährt oft viel über Wein- und Hopfenanbau, über Kräuterextrakte, Vieh- und Landwirtschaft, Literatur- und Geistesgeschichte. Kurzum: wir verdanken ihnen Kulturtradierung im umfassenden Sinne.

Jens Rüffer hat als promovierter Historiker nun ein kleines, reich bebildertes Kompendium über Klöster samt Grundrissen und Kartenmaterial angelegt. Aus dem österreichischen, schweizerischen und deutschen Raum hat er Beispiele für herausragende Klostergründungen versammelt und an diesen die Verschiedenheiten herausgearbeitet. Religiöse Ursprünge der spezifischen Glaubensausrichtungen spielen dabei eine ebenso große Rolle, wie architektonische Besonderheiten und Lebensführung im Kloster. Seine Recherchen reichen bis in die Frühzeit hinein.

Obwohl der Autor reklamiert, dass die Inhalte größtenteils kultur- und funktionsgeschichtlicher Natur seien, wirkt das Buch keineswegs verstaubt. Rüffer versteht es, kleine Anekdötchen zwischen die Buchseiten zu streuen. Beispielsweise bedeutet es, wenn etwas „auf keine Kuhhaut“ passt, dass die jeweilige Übeltat selbst das auf Kuhhaut geschriebene Sündenregister des Teufels überspannt.

Jens Rüffer verfährt in seiner Darstellung der einzelnen Klöster sehr systematisch. Noch bevor er auf die einzelnen Orden näher eingeht, erfährt der Leser, dass die ersten Klöster keineswegs in Europa, sondern in Kleinasien, Nordafrika und Palästina standen. Reisende Christen importierten die Lebensweise nach Europa. Während in der Frühzeit vornehmlich Laienmönche ohne Weihe Klöster gründeten, übernahmen im Hochmittelalter fast ausschließlich Priestermönche diese Tätigkeit. Im Gemeinschaftsleben der Mönche unterscheiden sich maßgeblich Eremiten und Zönobiten voneinander. Erstere verschreiben sich der Einsiedlerei und Askese nach dem Vorbild des Heiligen Antonius, letztere ziehen ein Leben in Gemeinschaft gemäß Pachomius vor. Alle entsagen sie jedwedem Besitz, kappen die Familienbande und geben sich der Meditation hin. Rüffer zieht hier Vergleiche zur antiken Philosophie, die in gleicher Weise nach Tugenden strebt.

Solcherlei Querverweise erleichtern die Reise durch die Jahrhunderte und deren wandelbare Wertvorstellungen. Die ersten Reformierungen im 12. Jahrhundert bespricht Rüffer separat und verweist somit gleichzeitig auf eine Rückbesinnung innerhalb der Klostermauern. Die Karthäuser, Zisterzienser und Augustinerchorherren gingen daraus hervor. Diese Orden verurteilten die Bettelorden, die im darauf folgenden 13. Jahrhundert entstanden. Zu ihnen zählen die Augustiner, Dominikaner, Karmeliter und Franziskaner, die sich allesamt hauptsächlich der Seelsorge widmen. Auf die wichtigsten Vertreter dieser Orden, Franz von Assisi und Dominikus Guzmán, nimmt der Autor Bezug.

Diese Namen sind uns durchaus bekannt und einige Klöster kennen wir schon deshalb, weil sie sich in direkter Nachbarschaft befinden. Selbst im schnelllebigen Berlin säumen einige Klöster unsere viel befahrenen Wege und winken uns als Ort der Stille.

Der Einladung von Jens Rüffer oder Helmut Schmidt kommt man daher gern entgegen und begibt sich auf Spurensuche in die Klöster – in Buchform oder als Stippvisite in Chorin oder Paulinzella.

Literaturangabe:

RÜFFER, JENS: Mittelalterliche Klöster – Deutschland-Österreich-Schweiz. Primus Verlag, Darmstadt 2009. 160 S., 39,90 €.

Weblink:

Primus Verlag

 

 


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