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Zum Tod von Ludvík Kundera

Eine produktive und vielseitige Persönlichkeit

© Die Berliner Literaturkritik, 26.08.10

Von Volker Strebel

Die Lebenslust des 1920 in Brünn/Brno geborenen Ludvík Kundera, einem Cousin des berühmten Romanciers Milan Kundera, spiegelte sich in einer Vielzahl seiner Aktivitäten nieder. Er war Dichter, kongenialer Übersetzer, Theatermensch, Maler, leidenschaftlicher Teetrinker aber auch Experte für alkoholische Destilate.

Während des Zweiten Weltkriegs wurde der junge Student Ludvík Kundera zum Arbeitseinsatz nach Berlin-Spandau verpflichtet, wo er nur knapp dem Tod entging. Erste schriftstellerische Versuche stammten bereits aus dieser Zeit.  Noch während des Krieges war Ludvík Kundera der surrealistisch inspirierten Künstlergruppe „Ra“ beigetreten. Prägend war für den 26-jährigen Kundera eine unvermittelte Begegnung mit dem Künstler Hans Arp in Paris. Eine gemeinsam geplante Arp-Ausstellung in Brünn scheiterte dann allerdings an der Machtübernahme der Kommunisten. Der Kontakt und die Inspiration anderer Künstler waren ihm zeitlebens wichtig. Bereits in den 1950er Jahren pflegte er enge und freundschaftliche Kontakte mit Schriftstellern aus der DDR wie Peter Huchel, Franz Fühmann und später Reiner Kunze und übersetzte deren Gedichte in das Tschechische.

Seit den 1970er Jahren hatte sich der Altmeister der tschechischen Literatur in das mährische Kunštát, einer kleinen Ortschaft am böhmisch-mährischen Höhenzug nördlich von Brünn zurückgezogen. Während der „Normalisierung“ der 1970er und 1980er Jahre konnte Kundera in der ČSSR fast nichts oder lediglich unter Pseudonym publizieren. Trotz staatlich verordneter Knebelung war es den Machthabern jedoch nicht gelungen, die ungeheuer produktive Persönlichkeit Ludvík Kunderas zu brechen. Er verfasste neben Gedichten auch Essays und Dramen. Immer wieder waren auch einzelne Gedichte Kunderas in Privatdrucken oder im Ausland erschienen. So etwas gefiel dem Bücherfreund Kundera, der in seiner Jenaer Poetik-Vorlesung vom November 1993 über diese Zeit berichtete: „Der gute alte tschechische Brauch, immerfort etwas „herauszugeben“, beflügelte uns.“ Der politische Umsturz in seiner Heimat um die Jahreswende 1989/1990 beflügelte Kunderas künstlerische Aktivitäten. Endlich konnten etliche Bücher, Essays und Gedichtsammlungen ungehindert veröffentlicht werden und Kundera war es fortan problemlos möglich, seine Bilder und Graphiken in öffentlichen Ausstellungen zu präsentieren.

Für sein Lebenswerk wurde Kundera am 12. Oktober 2009 mit dem renommierten Jaroslav-Seifert-Preis geehrt.  Am 17. August 2010 verstarb verstarb Ludvík Kundera im Alter von 90 Jahren.


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