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Vom Flakhelfer zum Antikriegsroman: Dieter Noll wird 80

„Die Abenteuer des Werner Holt“ erzielte Millionen-Auflage

© Die Berliner Literaturkritik, 30.12.07

 

Von Wilfried Mommert

BERLIN (BLK) -- Die „Flakhelfer-Generation“ ist, sofern sie die Schrecken des Zweiten Weltkrieges überlebt hat, in dem nun zu Ende gehenden Jahr 80 Jahre alt geworden und zieht Bilanz. Die Schriftsteller unter ihnen haben darüber teilweise bedeutende Bücher geschrieben wie zum Beispiel Günter Grass oder in der DDR Dieter Noll („Die Abenteuer des Werner Holt“), der an diesem Montag (31. Dezember) seinen 80. Geburtstag feiern kann. Der fotoscheue Autor lebt heute zurückgezogen in Wernsdorf bei Berlin.

Auch wenn man von einem literarischen Vergleich mit dem Nobelpreisträger absehen will, so hat jeder der beiden Autoren seine eigenen Lehren aus den traumatischen Jugenderlebnissen gezogen, literarisch wie gesellschaftspolitisch entweder in der Bundesrepublik oder in der DDR.

Der am 31. Dezember 1927 im sächsischen Riesa geborene Noll wurde wie viele seiner Altersgenossen noch als Schüler 1944 als Flakhelfer zur Wehrmacht eingezogen. Aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft zurückgekehrt, trat er mit nicht einmal 20 Jahren der KPD und später der SED bei. Sein zweibändiger, autobiografisch geprägter „Roman einer Jugend“, wie der Untertitel des Buches „Die Abenteuer des Werner Holt“ (1960 und 1963) lautet, gehörte zu den „lesbarsten Pflichtlektüren“ in den Schulen der DDR.

Der Roman ist heute ein Klassiker der deutschen Antikriegsliteratur, verfasst von einem Schriftsteller, der sich später im ideologischen Kampf der Systeme zwischen Ost und West nicht zu schade war, renommierte Kollegen, die anders dachten als er, mit herabsetzenden Beleidigungen zu belegen.

Noll schildert die widersprüchlichen Erfahrungen und Erkenntnisse sowie die Um- und Irrwege einer Generation, in seinem Fall bis zum Sozialismus als neuer Lebens- und Gesellschaftsperspektive. Hungrig nach Abenteuern und Bewährung zogen sie an die Front, manche sogar in Panzerdivisionen der SS, und erlebten dabei ihre völlige Desillusionierung und den moralischen Zusammenbruch einer ganzen Gesellschaft. In einem zertrümmerten Land standen sie vor einer ungewissen Zukunft.

„Die Abenteuer des Werner Holt“ erzielten auch in der Bundesrepublik eine große Aufmerksamkeit und erreichten bis heute eine Auflage von fast vier Millionen Exemplaren. Der auch verfilmte Roman ist im Berliner Aufbau-Verlag immer noch lieferbar.

Mit seinem letzten großen Werk, „Kippenberg“ (1979), konnte Noll nicht mehr an den großen Erfolg anschließen.

Schlimmer noch als die später ausgebliebenen schriftstellerischen Erfolge dürfte den DDR-Nationalpreisträger Noll sein unseliger „Offener Brief“ an den DDR-Staats- und Parteichef Erich Honecker 1979 geschadet haben, in dem er Kollegen wie Stefan Heym, Joachim Seyppel und Rolf Schneider als „kaputte Typen“ denunzierte, die dann auch im Gefolge der Biermann-Ausbürgerung aus dem DDR-Schriftstellerverband (unter Hermann Kant) ausgeschlossen wurden. Auch wohlwollende Kritiker meinten später, der Brief werde Noll noch anhängen, wenn von seinen Büchern eher weniger die Rede sein wird.

„Die Partei hat immer Recht“ - der Widerstreit zwischen Wahrheit und Parteilichkeit, ehrlichem, offenem Bekenntnis und Opportunismus hat auch einen Dieter Noll immer mehr verstummen lassen. Auch wenn er, wie er noch zu seinem 75. Geburtstag beteuerte, sich weiter als Kommunist fühle. „Es hat sich nichts an meiner inneren Haltung geändert.“


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