Eine Collage besteht aus Einzelteilen, die für sich genommen einen fragmentarischen Charakter haben. In das Gesamtkunstwerk eingebettet ergeben die Einzelteile ein großes Ganzes. Ähnlich verhält es sich bei Paul Austers neuem Roman “Das Buch der Illusionen“: Er besteht aus vielen verschiedenen Filmbeschreibungen, Übersetzungen, Handlungssträngen, deren Ganzes den großen Roman des amerikanischen Erfolgsschriftstellers Paul Auster ausmachen.
David Zimmer verliert bei einem Flugzeugunglück seine Frau und die beiden Söhne. Das erste Mal hat er nach Monaten wieder etwas Spaß, als er die alten Stummfilme des verschollenen Hollywood-Regisseurs und Schauspieler Hector Mann sieht. Er entschließt sich, ein Buch über die Filme Hector Manns zu schreiben.
Nachdem das Buch veröffentlicht worden ist, erhält David Zimmer mehrere Briefe von einer Frau. Sie behauptet, Hector Mann sei nicht verstorben, wie gemeinhin nach seinem Verschwinden angenommen, sondern er lebe und wolle sich mit David Zimmer treffen.
Verschiedene Verirrungen - beispielsweise bedroht ihn eine Frau mit einer Waffe - führen dazu, dass David Zimmer die bewegten Umstände des Verschwindens Hector Manns erfährt.
Erzählebenen
Bei Paul Auster werden verschiedene Erzählebenen miteinander verwoben. Die zwei Haupthandlungsstränge werden immer wieder durch Filmsequenzen oder Passagen aus Chateaubriands Tombe d’outre mer unterbrochen. Der fragmentrarische Charakter dieser einzelnen Passagen ist gekonnt in das Ganze eingefügt.
Sehr gut gelungen sind dabei die Filmszenen. Der Hollywood-Star Hector Mann, in seinen Filmen stets mit Latino-Schnurrbart und weißem Anzug ausstaffiert, erscheint wahrhaft vor dem geistigen Auge des Lesers. Die Passagen erscheinen tatsächlich wie die Aufzeichnungen eines aufmerksamen und interpretationsbegabten Zuschauers.
Wie bereits in früheren Romanen Paul Austers wie „Leviathan“ oder „Die New York Trilogie“ wird auch in diesem der amerikanische Traum kritisch beleuchtet. Nachdem der Einwanderer Hector Mann zunächst für kurze Zeit in Hollywood bei einer kleinen Filmgesellschaft Filme drehen darf, fällt er nach seinem Verschwinden alles andere als auf die Füße. So muss er sich unter anderem als Pornostar verdingen, bis er schließlich seine zukünftige Frau kennen lernt.
Fragmente
Paul Austers Collage-Roman ist zu einem wahren Kunstwerk geraten. Die fragmentarisch eingefügten Einzelteile bedingen neben der vielschichtigen Handlungsstruktur, dass der Roman niemals langweilig wird. Am Ende zeigen sich zwischen den unterschiedlichen Passagen ungeahnte Parallelen. So werden sie letztlich zu einer Gesamtheit verwoben
Literaturangaben:
PAUL AUSTER: Buch der Illusionen. Aus dem Englischen von Werner Schmitz. Rowohlt Verlag, Reinbek 2002. 383 S., €19,90.