ZÜRICH (BLK) – Bernadette Conrad rezensiert in der „Neuen Zürcher Zeitung“ den Roman „Das Familientreffen“ von Anne Enright. Die Autorin wurde 2007 für das Buch mit dem Booker-Preis ausgezeichnet.
Die irische Familie Hegarty trifft sich anlässlich der Beerdigung von Liam, der Selbstmord begangen hat. Sein Unglück wird von seiner Schwester Veronica, der wütenden Ich-Erzählerin, beschrieben, ebenso wie das ihrer verbleibenden zehn Geschwister. Die Hegartys seien eher eine Not- als eine Schicksalsgemeinschaft, schreibt die Rezensentin. Die Geschichte dieser Not, die in Liams Tod gipfelte, führt zurück zu den Großeltern und einem bösen Geheimnis.
Der Roman habe nicht nur eine private Dimension, meint die Rezensentin. Die unglückliche Familiengeschichte bewege sich auch um ein bedeutsames Stück irischer Geschichte, nämlich die katholische Strenge. Eine Tradition, die jede Menge alkoholisierte und sexualisierte Gewalt zugelassen habe, nicht aber eine offene Auseinandersetzung. Diese Auseinandersetzung hole Veronica im erinnernden und vergegenwärtigenden Selbstgespräch nach, schreibt die Rezensentin. Der Roman sei durchaus pathetisch und inspirierend, allerdings sprachlich nicht immer geglückt. Bei Veronica werde nicht klar, ob die Wut oder die Liebe für ihren Bruder das stärkere Gefühl sei. (bah/dan)
Literaturangaben:
ENRIGHT, ANNE: Das Familientreffen. Roman. Übersetzt aus dem Englischen von Hans-Christian Oeser. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2008. 344 S., 19,95 €.
Rezension im Original
Verlag