ZÜRICH (BLK) – Auf eine „Suche nach den Spuren der Menschen“ begebe sich der österreichische Journalist und Essayist Martin Pollack auch in seiner neusten Reportagensammlung „Warum wurden die Stanislaws erschossen?“, meint Paul Jandl in der „Neuen Zürcher Zeitung“ („NZZ“).
Wie schon in der akribischen Recherchearbeit „Der Tote im Bunker“ untersuche Pollack hier anhand von individuellen Schicksalen die „kollektive Wucht der Geschichte“. So handle eine Reportage von den beiden Polen Stanislaw Grzanka und Stanislaw Medre, die drei Jahre Zwangsarbeit auf den Feldern der Bocksdorfer Bauern leisteten und bei Kriegsende „nach einem Standgericht von russischen Soldaten erschossen“ wurden. Warum, wisse im ganzen Dorf niemand. Es sei der „schemenhafte Abdruck der Zeit“, der Pollack bei seiner Arbeit herausfordere. In seinem Buch entwerfe er eine fesselnde Chronologie, er versammle „Momente der Transformation“ in Polen, der Ukraine, Österreich, Bulgarien oder Weißrussland und gebe ihnen eine Geschichte. Der älteste Text sei bereits 26 Jahre alt, der Neueste stamme aus dem Jahr 2007. Dass einige von ihnen bis heute „nicht verblasst“ seien, liege auch daran, dass die NS-Verbrechen die „düstere Grundierung“ seiner Reportagen blieben.
Pollacks Stil sei von einer erzählerischen Klarheit, die „nie mit dem Ernst seiner Stoffe“ in Konkurrenz trete, reflektiert der Rezensent. Seine „luzide“ Prosa sei weit entfernt vom „journalistischen Alltagsgebrauch“, denn „das Spektakuläre ist ihr fremd und das Fremde kein Spektakel“. (win/wip)
Literaturangaben:
POLLACK, MARTIN: Warum wurden die Stanislaws erschossen? Reportagen. Zsolnay Verlag, Wien 2008. 232 S., 19,90 €.
Rezension im Original
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