Ernst Bloch. Ein Name, der für Rebellion und Protest steht. Doch inzwischen fragt so mancher, ob Ernst Blochs Philosophie der militanten Hoffnung überhaupt noch aktuell ist. Denn, so scheint es, in der Gegenwart werden die Gründe zur Mutlosigkeit immer zahlreicher.
Gegen die Resignation steht das Leben des Philosophen selbst. Noch bis zum letzten Tag seines Lebens legte Ernst Bloch Veto ein gegen das, was der Hoffnung auf eine bessere menschliche Gesellschaft im Wege stand. Als Neunzigjähriger kämpfte er noch gegen Notstandsgesetze, gegen den Schwangerschaftsparagraphen, gegen Berufsverbote und gegen den Bau der Neutronenbombe.
In guter Gesellschaft
Aus Anlass des 30. Todestages von Ernst Bloch am 4. August 2007 hat der Suhrkamp Verlag zwei wichtige Bücher zu Leben und Werk des Philosophen herausgegeben: eine Bildmonographie und einen Sammelband mit Feuilletons für die Frankfurter Zeitung.
Die von Karlheinz Wiegand bearbeitete und hervorragend ausgestattete Bildmonographie gibt detailreich über das Leben Ernst Blochs Auskunft. Der Suhrkamp Verlag hat in der Vergangenheit bereits Theodor W. Adorno, Sigmund Freud und Johann Wolfgang von Goethe mit einem Bild- und Textband geehrt – nun also auch Bloch.
Mit Sicherheit wird die aktuelle Bildmonographie neben den Lebensbeschreibungen von Peter Zudeick und Arno Münster zu den Standardwerken über Ernst Bloch zählen. Und vielleicht, das ist zu hoffen, wird sie auch die Grundlage bilden für die noch zu schreibende große (kritisch-analytische) Biographie. Denn so schreibt Karlheinz Weigand in seiner Vorbemerkung: „Ernst Bloch ist mehr als einer der großen Philosophen der Gegenwart: Er ist eine Jahrhundertgestalt.“
Bildungsgeschwätz der Bourgeoisie
Der von Ralf Becker herausgegebene Sammelband „Der unbemerkte Augenblick“ enthält 63 Beiträge für das Feuilleton der Frankfurter Zeitung, die Ernst Bloch in der Zeit von 1916-1934 veröffentlicht hat. Die Texte sind vielfältig: Es gibt Reiseberichte, Kultukritiken, Erzählungen, Streitschriften und Rezensionen. Außerdem hat Ralf Becker dem Band ein sorgfältig recherchiertes Vorwort vorangestellt, dem alles Wissenswerte zu Ernst Blochs feuilletonistischen Arbeiten entnommen werden kann. Neben den früher erschienenen Sammlungen „Kampf, nicht Krieg“ (1985) und „Vom Hasard zur Katastrophe“ (1972) füllt „Der unbemerkte Augenblick“ eine editorische Lücke.
Wie Walter Benjamin war auch Ernst Bloch relativ häufig als Autor für das Feuilleton der Frankfurter Zeitung tätig. Die Verbindung kam über Siegfried Kracauer zustande, der damals Mitarbeiter der Feuilletonredaktion war. Benno Reifenberg hatte das Blatt einem linksdemokratischen Journalismus geöffnet. Mit einem untrüglichen Sinn für Qualität. In einem breiten thematischen Spektrum bringt die Redaktion Texte von Walter Benjamin, Siegfried Kracauer und Joseph Roth.
Ernst Bloch wusste die Beziehung zu diesem „Urblatt der Gediegenheit“ durchaus zu schätzen, wie aus einem Brief an Kracauer vom 20.5.1926 hervorgeht: „Ich begrüße es, dass Sie in einer großen bürgerlichen Zeitung dem leblosen und kontemplativen Bildungsgeschwätz der Bourgeoisie ein schlechtes Gewissen machen (...) ein Wegziehen des Bodens, auf dem die unaktuelle, die Wirklichkeit verzögernde Phrase steht.“
Mit fünf deutschen Staaten in die Gruft
Ernst Bloch, der in 1885 in Ludwigshafen geboren wurde, der zwei Weltkriege und fünf deutsche Staaten erlebte und mit Kritik niemals sparte, gilt als einer der bedeutendsten deutschen Philosophen des 20. Jahrhunderts. Sein Lebensweg führte ihn von seiner Geburtsstadt Ludwigshafen, deren Provinzialität er verachtete, über Berlin, Heidelberg und München bis nach Nordafrika, in die USA und wieder zurück nach Deutschland.
Ernst Bloch starb am 4. August 1977 in Tübingen.
Von Michael Fisch
Literaturangaben:
BLOCH, ERNST: Eine Bildmonographie. Herausgegeben vom Ernst-Bloch-Zentrum. Bearbeitet von Karlheinz Wiegand. Frankfurt am Main, Suhrkamp 2007. 224 S., geb. 39,90 €.
BLOCH, ERNST: Der unbemerkte Augenblick. Feuilletons für die Frankfurter Zeitung 1916-1934. Herausgegeben von Ralf Becker. Frankfurt am Main, Suhrkamp 2007. 400 S., 28 €.
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