FRANKFURT AM MAIN (BLK) – „Ruinen schaffen ohne Waffen“, heißt es in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ („FAZ“). Der satirische Slogan aus DDR-Zeiten könne als Antonio José Pontes heimliches Leitmotiv durchgehen. Florian Borchmeyer bespricht das Buch „Der Ruinenwächter von Havanna“ des Erzählers, Lyrikers und „messerscharfen politischen Analytikers“ Ponte.
Die Ruinen Havannas bildeten das intellektuelle Herzstück des Romans, während ein Besuch im Geheimdienstmuseum das Schlusskapitel und auch den „ebenso phantasmagorischen wie bedrückend realen Fluchtpunkt“ des Buches darstellt. Die Verbindung der Ruinen mit politischen Themen ergibt, dass die verfallene Architektur für Ponte zum Sinnbild des gesellschaftlichen und politischen Verfalls Kubas wird, schreibt der Rezensent. Dabei lasse sich das Buch schwer einordnen, meint Borchmeyer und fragt: „Essayistischer Roman? Halbfiktionaler Essay? Autobiographie? Oder tragikomische Chronik einer untergegangenen Utopie oder eines Überwachungsapparats, der so sehr zur Karikatur seiner selbst geworden ist, dass er von ganz allein die Grenze zwischen Fiktion und Realität bricht?“ Die Hauptfigur sei deutlich dem Autor selbst nachempfunden und leide, ähnlich wie dieser, unter dem Überwachungs- und Ausschlusssystem des Staates. Dabei stehe die Frage im Mittelpunkt, warum es diese Figur trotz aller Schikanen immer wieder nach Havanna ziehe.
Trotz der literarischen Abrechnung mit Kubas Politik sei das Buch nicht verbiestert, meint Borchmeyer, sondern schwinge sich „zu einer irrwitzigen, zuweilen unbändig komischen Maskerade voller Esprit und überraschender Wendungen auf“. Ponte hat laut Rezensent eine bizarre und brillante Kulturgeschichte der Überwachung geliefert. (vol/wip)
Literaturangaben:
PONTE, ANTONIO JOSÉ: Der Ruinenwächter von Havanna. Übersetzt aus dem kubanischen Spanisch von Sabine Giersberg. Verlag Antje Kunstmann, München 2008. 234 S., 19,90 €.
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