BERLIN (BLK) -- Drei Romane werden heute vorgestellt, die alle den Eindruck erwecken, aus dem vorvorherigen Jahrhundert zu stammen. In der "Zeit" wird Cathleen Schines "Tage der Emma" vorgestellt, eine Geschichte, die laut Kritik ein wenig an Flauberts "Madame Bovary" erinnere. Daneben finde August Villiers de L'Isle-Adams Werk "Die künftige Eva" hingegen äußerst positive Erwähnung. Mit dem Alterswerk "Au pair" habe der Autor Willem Frederik Hermans sich keinen Gefallen getan. Im Vergleich zu seinen früheren Romanen, lasse sich diesem nur Durchschnittlichkeit attestieren, befindet die Rezensentin der "Süddeutschen Zeitung".
"Die Zeit"
Cathleen Schines neuer Roman "Tage der Emma" ruhe auf dem Antagonismus von Literatur und Film, informiert die "Zeit". Der Stoff erinnere an Madame Bovary. Elisabeth, die Hauptfigur, sei Literaturdozentin, die den Auftrag erhalte, ein Drehbuch für eine zeitgemäße Emma-Bovary-Adaption zu schreiben. Doch Elisabeth kann dieses Drehbuch nicht schreiben. Stattdessen sei sie von ihrem Freund gelangweilt und überlege mit dem Filmproduzenten Ehebruch zu begehen. Doch dazu muss man verheiratet sein. So sei der Clou des Buches die Heirat Elisabeths mit dem Vater ihres Kindes. Damit erzähle das Buch die Geschichte der Emma Bovary rückwärts. Die Rezensentin moniert allerdings, dass das Buch schludrig geschrieben sei und somit wohl das Ende des postmodernen Literatur-Romans markiere.
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Das Werk "Die künftige Eva" von August Villiers de L'Isle-Adam behandele das ganze Thema des künstlichen Lebens auf einem Niveau, an das man heute kaum heran kommen kann, stellt die "Zeit" fest. Ein junger Lord habe sich in die schönste Frau der Welt verliebt, doch leider habe sie eine "grauenhaft spießbürgerliche Seele". Er verfalle der Melancholie und überlege sich zu erschießen, doch zuvor suche er Rat bei seinem Freund Edison, dessen Namen nicht umsonst an den Erfinder erinnere. Der Autor und Edison lebten in der gleichen Zeit, zum Ausgang des 19. Jahrhunderts. "Die künftige Eva" sei eine "wunderbar verwirrende Mischung aus ebenso brillanten wie versponnenen Essays und erstaunlich erzählerische Erfindungen", schwärmt der Rezensent.
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"Süddeutsche Zeitung"
In seinem Alterswerk "Au pair" habe der Autor Willem Frederik Hermans, 1995 bereits gestorben, seine profunden Kenntnisse der französischen Literatur des 19. Jahrhunderts auskosten wollen, befindet die Rezensentin der "SZ". Die Protagonistin Paula werde von ihm als Au-Pair-Mädchen in das Pariser Bürgertum verpflanzt, und obwohl der Roman in den Sechzigern spiele, behandle der Autor seinen Stoff wie Material des vorhergehenden Jahrhunderts. Daneben wirke der Roman, überladen mit Ereignissen, wie ein Buch, das aus vielen bekannten Büchern bestehe. In seinen Schilderungen bekannter Milieus und seiner sprachlichen Durchschnittlichkeit, wirke es gründlich misslungen, so das strenge Urteil der Kritikerin.
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(dag/man)
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Literaturangaben:
DE L'ISLE-ADAM, AUGUST VILLIERS: Die künftige Eva. Aus dem Französischen und mit einem Nachwort von Manfred Gsteiger. Manesse Verlag, Zürich 2004. 506 S., 22,90 €.
HERMANS, WILLEM FREDERIK: Au pair. Aus dem Niederländischen von Waltraud Hüsmert. Gustav Kiepenheuer Verlag, Leipzig 2003. 495 S., 19,90 €.
SCHINE, CATHLEEN: Tage mit Emma. Roman. Aus dem Englischen von Giovanni und Ditte Bandini. Claassen Verlag, München 2004. 319 S., 21 €.