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Sogwirkung des Selbstmords

Der Erzählband „Legends of a suicide“ von David Vann

© Die Berliner Literaturkritik, 02.12.08

 

NEW YORK (BLK) –In der „New York Times“ rezensiert Tom Bissell den Erzählband „Legend of a suicide” von David Vann. Das Buch sei der Versuch des Autors, den Selbstmord seines Vaters literarisch zu verarbeiten.

Der zentrale Charakter der Erzählungen ist ein Junge namens Roy. In „Ketchikan” kehrt ein 30jähriger Roy in seine Heimatstadt in Alaska zurück. Ihm wird im Laufe der Geschichte klar, dass der Selbstmord seines Vaters permanent sein Leben geformt und geprägt hat. In der Geschichte „Ihthyology” beobachtet Roy zwei Fische, die einen anderen Aquariumsbewohner angreifen und ihm die Augen aussaugen. Dieses Bild wird am Ende der Geschichte wieder aufgegriffen, um zu zeigen, dass Selbstmord auf alles, was es noch nicht zerstört hat, einen furchtbaren und fremdartigen Einfluss hat. Die Erzählung „Sukkwan Island” handelt von der Liebe eines machtlosen Jungen zu seinem schwachen Vater. Der Vater hat eine Hütte in der Wildnis gekauft, um dort ein Jahr isoliert mit Roy zu leben. Der Vater, ein Zahnarzt, der seine Praxis aufgegeben hat, ist allerdings jämmerlich unvorbereitet. Nachts muss sein immer verängstigterer Sohn seinem hoffnungslosen Schluchzen zuhören. Obwohl der Selbstmord des Vaters im Buch nur einmal explizit geschildert werde, sei seine Sogwirkung auf jeder Seite spürbar, schreibt der Rezensent.

Da das Buch Offenbarungscharakter habe, aufsässig freimütig und direkt sei, sei es so unzeitgemäß, wie es für 2008 veröffentlichte Belletristik nur möglich wäre, schreibt der Rezensent. Die Verknüpfung von Erzähler und Autor zu einer Art siamesischen Zwillingspaar könne heutzutage einigen Lesern als selbstsüchtige therapeutische Maßnahme erscheinen. Dennoch handele es sich um ein kleines, großartiges Buch, das aus einem riesigen und offensichtlichen Schmerz entstanden sei, lobt der Rezensent. Ein traurigeres Buch über Väter und Söhne sei schwer vorstellbar. (bah/jud)

Literaturangaben:
Vann, David: Legend Of A Suicide. University of Massachusetts Press, Amherst 2008. 172 S., 24,95 $.

Rezension im Original

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