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Ein gealterter, spanischer James Bond

Manuel Vázquez Montalbáns „Der letzte Bolero“

© Die Berliner Literaturkritik, 19.08.04

 

ZÜRICH (BLK) -- Groß sei die Nervosität der katalanischen Nationalisten vor den Regionalwahlen im Oktober 1999, werde in diesem Monat doch auch über das Schicksal ihres patriotischen Anliegens entschieden, so die „Neue Zürcher Zeitung“ vom 19. August. Seit 1980 regiere Jordi Pujol die Region, und zu fürchten stehe, dass nach einer Niederlage des von ihm geführten Parteienbündnisses der ohnehin gemäßigte Katalanismus sich noch weiter mäßige. Es gelte also zu handeln – notfalls mit Gewalt, so die Situation zu Beginn des „letzten Boleros“.

Der Held aus Montalbáns Romanen, Pepe Carvalho, sei von seinem Erfinder immer wieder in die Wirren seiner Zeit geschickt worden, er habe ihn vom US-amerikanischen Geheimdienst bis zu argentinischen Folterknechten mit Ideologien jeglicher Couleur in Berührung kommen lassen, allesamt überzeugt davon, eine dringende politische Mission zu erfüllen zu haben. Diesmal also: der katalanische Nationalismus. Bekanntlich habe Pujol die Wahlen knapp überstanden. Doch das könne man vorher nicht wissen, und so mühe sich in „Der letzte Bolero“ eine Gruppe radikaler Katalanen, das regionale Bewusstsein zu mobilisieren. Die Geschichte Kataloniens, so ihr Argument, sei immer „die Geschichte stets verpasster Möglichkeiten – von der falschen Vereinigung der Katholischen Könige bis zur Regierung Jordi Pujols“ gewesen. Die Niederlagen der Vergangenheit endlich wettzumachen, die Region zur verdienten Größe zu führen – dieses Ziel sanktioniere fast jedes Mittel, und so sehe sich Pepe Carvalho bald schon mit einem neuen Auftrag versehen. Mit dem „letzten Bolero“ habe Montalbán einen teils ironischen, teils nachdenklichen Kommentar zu den großen und kleinen Verrücktheiten des katalanischen Nationalismus verfasst.

Vergänglichkeit, Alter, die Sorge um eine ausreichende Rente, auch das seien die Themen dieses Romans, erzählt in einem anmutig-schwermütigen Tonfall, verdichtet und zugleich gemildert durch nicht weniger als drei amourös-erotische Beziehungen, die der Detektiv zeitgleich am Laufen halte. Aufgehoben auch durch den Genuss all der detailliert beschriebenen Mittelmeerspezialitäten und galizischen Weisweine, denen sich der Detektiv nicht nur am Abend hingebe. Politischer Scharfsinn und regionale Küche, das seien die wohl einnehmendsten Elemente der Pepe Carvalho-Reihe. (dum/art)

Literaturangaben:
MONTALBÁN, MANUEL VÁZQUEZ: Der letzte Bolero. Roman. Übersetzt aus dem Spanischen von Theres Moser. Piper, München 2004. 286 S., 18,90 €.


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