HAMBURG (BLK) Für die Wochenzeitung „Die Zeit“ bespricht Eberhard Falcke den Story-Band „Im Labyrinth der Stadt“ von Edward P. Jones, der jetzt auch auf Deutsch vorliegt. In seinen frühen Erzählungen blicke der Autor auf die 60er-Jahre in den USA zurück. Ohne allerdings von den dramatischen Vorgängen - den Rassenunruhen, der Bürgerrechtsbewegung, der schwarzen Mobilisierung - Notiz zu nehmen. Stattdessen konzentriere er sich auf individuelle Nahaufnahmen, in deren Abfolge sich der gesellschaftliche Wandel dennoch deutlich abzeichne.
Edward P. Jones, der 2004 mit dem Pulitzer-Preis geehrt wurde, lege es in den 14 Erzählungen darauf an, alles Demonstrative zu meiden, so der Rezensent. Er fasse die unterschiedlichsten Charaktere und menschlichen Schattierungen ins Auge. Sein Erzählstil werde getragen von einer lapidaren Sachlichkeit, er gewinne Farbe durch genaue Milieuschilderung und werde belebt von den Haltungen und Temperamenten der Figuren.
Der Autor werfe in seinen Erzählungen Schlaglichter auf verschiedene biografische Stationen von der Kindheit bis ins Alter. Am Ende treffe man seine Helden im Seniorenclub, wie in dem Genrestück „Gospel“. Obwohl große und kleine Gefühle durchweg eine zentrale Rolle spielten, unterlaufe Edward P. Jones kein einziger Moment platter Rührseligkeit, lobt der Rezensent. Bemerkenswerter sei, dass er hier ebenso wenig wie in seinem Roman „Die bekannte Welt“ daran denke, für seine Figuren eine Opferrolle zu reklamieren.(dan/han)
Literaturangaben:
EDWARD P. JONES: Im Labyrinth der Stadt. Erzählungen. Aus dem Amerikanischen von Susanne Höbel und Hans-Christian Oeser. Hoffmann und Campe, Hamburg 2006. 320 S., 19,95 €.
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