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Literarischer Durstlöscher

Sammelband mit Texten von Flann O'Brien

Von: DOROTHEE FESEL - © Die Berliner Literaturkritik, 17.12.03

 

Man soll täglich drei Liter Wasser trinken, um den Körper auf seinem Flüssigkeitslevel zu halten. Denn viel Trinken ist gut für die Haut. Diese Erkenntnisse hatte man zu Flann O’Briens Zeiten noch nicht. Aber Durst. Und zwar einen ganz bestimmten Durst. Auch, wenn bereits Sperrstunde war.

"Durst" heißt die vorliegende Sammlung von verstreuten Perlen aus O’Briens Werk, die zwischen 1938 und 1966, O’Briens Todesjahr, entstanden sind. Die Titelgeschichte ist ein programmatischer Einakter und zeigt dialogisch, mit welchen rhetorischen und metaphorischen Mitteln ein Schankwart nach der Sperrstunde einen Polizisten dazu bringt, "Durst" zu bekommen. Sprachlich inszeniert er ein verdorrtes Wüstenszenario, in dem "unsere Leiber vertrockneten und verdorrten und so runzlig wurden wie...Backpflaumen!"

Dabei trinkt er exemplarisch ein Glas nach dem anderen - O’ Brien inszeniert seine Figuren als liebenswert und naiv zugleich, menschlich also.

Kurioser Kult

Das Romanfragment "Slatterys Sago-Saga oder Von unter der Erde bis hoch auf den Baum" erzählt eine kuriose Geschichte darum, wie die Ernährung der Iren von der krankheitsanfälligen Kartoffel auf das angeblich nahrhaftere Sago umgestellt werden soll.

Die zwei kurzen Dramen "John Duffys Bruder" und "Faustus Kelly" schildern ebenfalls menschliche Schicksale in absurd-komischer Manier. Erstere Geschichte "sollte eigentlich gar nicht niedergeschrieben werden" und auch die Hauptfigur John Duffy wurde nur von einem Arzt gesehen, der "zugegen war, als John Duffy geboren wurde, und ebenfalls, als er starb, eine Stunde später".

Irische Intelligenz

Neben einer intelligent-komischen Erzählung "Die Krone des Märtyrers" ist ein Gleichnis über James Joyce und Literaturkritik in einem zu finden: "Wie man im Tunnel ein Fass aufmacht".

Übersetzt hat die Fundstücke des Iren kein anderer als Harry Rowohlt, dessen Sprachgefühl für die originalgetreue Wiedergabe von O’Briens Schreibstil birgt.

Der 1911 in Strabane/County Tyrone geborene Brian O’Nolan studierte Gälisch, klassische Philosophie und Deutsch in Dublin und Köln und wirkte von 1937 bis 1953 als Ministerialbeamter. Die in "Durst" versammelten Ausschnitte seines Werkes zeugen von viel Humor, Wahrheit und genauer Kenntnis des menschlichen Verhaltens. In Form und Inhalt sind sie repräsentativ für O’Briens literarische Gattungsvielfalt und löschen den Durst nach guten Texten.

Literaturangaben:
O'BRIEN, FLANN: Durst und andere dringende Dinge. Geschichten und Stücke. Kein & Aber AG, Zürich 2002. 228 S., €18.

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Dorothee Fesel arbeitet als freie Journalistin für dieses Literatur-Magazin. Sie hat Kulturwissenschaften und Kreatives Schreiben an der Universität Hildesheim studiert


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