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„Larger than life“

Von dem literarischen Leitstern Thomas Pynchon erschien das Buch „Gegen den Tag“

© Die Berliner Literaturkritik, 30.06.08

 

MÜNCHEN (BLK) – In der Wochenendausgabe der„Süddeutschen Zeitung“ („SZ“) lobte Christoph Bartmann Thomas Pynchons jüngsten Roman „Gegen den Tag“. Das 1596 Seiten starke Buch treibe zwar gelegentlich an den Rand der Verzweiflung oder Erschöpfung, dennoch sei es das Einzige dieser Jahre, das die Welt herausfordere. Der Rezensent beteuert auch, dass der Leser für jede Durststrecke aufs herrlichste entschädigt werde. Dabei gibt Bartmann ein Zitat einer dieser Stellen, die diesen Eindruck durchaus bestätigt, nicht umsonst bezeichnet er Pynchon als „Großalchimist der Sprachen, Stile, Theorien und Methoden“.

Viele unzusammenhängende, krause Geschichten würden erzählt, angesiedelt in der Zeit zwischen 1893 und 1914, einer Zeit, die bei Pynchon nie bloße Erzählzeit bleibe, sondern sich verzweige und vervielfältige. Handlung gebe es in „Gegen den Tag“ überreichlich, nur wisse man nie, ob es tatsächlich um diese Handlung gehe, konstatiert Bartmann. Den Vorwurf, der Roman wolle schlicht den „allgemeinen modernen Informationsüberfluss“ reproduzieren, räumt der Rezensent aus: „Wenn ‚Gegen den Tag’ so etwas darstellt wie eine Wette gegen die Welt, dann gehört dazu, dass seine Welt, wie die wirkliche Welt, Konfusion und Längen gelten lässt.“ In dem Roman geht es mal manifest, mal subkutan um Elektrizität. Das Motto des Romans sei der Licht- und Strom-Motivik geschuldet, in dem der Jazzpianist Thelonious Monk zitiert wird: „It’s always night, or we wouldn’t need light.“ Dennoch solle man Pynchons Roman nicht auf eine „Dialektik der Beleuchtung“ reduzieren, meint der Rezensent. Es gebe auch handfeste Handlung, von Ballonfahrern und Zeit-Abenteurern, von der Familie Traverse wird erzählt: Der Vater ein Minenarbeiter und Anarcho-Syndikalist in Colorado. Einer seiner Söhne trifft durch sein Mathematikstudium auf „Quaternionisten“, die „Juden der Mathematik“, die sich gegen die gängige Auffassung von Raum und Zeit aussprechen.

Es wird deutlich, dass Pynchon ein „dissidenter Mathematiker, ein kapitalismuskritischer Anarchosozialist“ ist. Eine „Art Weltausstellung“ sei der Roman, „ein Rummelplatz und Themenpark, eine amerikanisch fortschrittsfrohe und von Gedankens Blässe niemals angekränkelte Veranstaltung, die freilich im Kern einer anarchistischen Wendung des Weltlaufs das Wort redet“, schreibt Bartmann. Pynchon wolle die Welt mit den Mitteln von „Wissen, Technik, Sozialismus“ zum Besseren wenden, einen qualitativ wie quantitativ großen Gegenentwurf hat er mit „Gegen den Tag“ geliefert. (vol/car)

Literaturangaben:
PYNCHON, THOMAS: Gegen den Tag. Roman. Übersetzt aus dem Englischen von Nikolaus Stingl und Dirk van Gunsteren. Rowohlt Verlag, Reinbek 2008. 1596 S., 29,90 €.

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