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Jutta Ditfurths „Entdeckung“ einer Freundschaft: „Rudi und Ulrike“

2007 hatte Ditfurth bereits eine durchaus fundierte und lesenswerte Meinhof-Biografie vorgelegt

© Die Berliner Literaturkritik, 09.05.08

 

Von Wilfried Mommert

Rudi Dutschke und Ulrike Meinhof können nicht mehr widersprechen, wenn Jutta Ditfurth ihnen jetzt die „Geschichte einer Freundschaft“ andichtet. Ihr Buch „Rudi und Ulrike“ (Droemer) gehört in der Bücherflut zum 40. Jahrestag der „68er“-Studentenbewegung sicherlich zu den merkwürdigsten, doch eigentlich aber zu den überflüssigsten Veröffentlichungen. Das Buch ist ein Etikettenschwindel, da von konkreten Hinweisen oder Belegen dieser angeblichen Freundschaft in den Jahren von 1967 bis 1969 so gut wie keine Rede ist – dafür umso mehr von Vermutungen und konstruierten Zusammenhängen und parallel erzählten Biografien. Im vergangenen Jahr hatte Ditfurth bereits eine durchaus fundierte und lesenswerte Meinhof-Biografie vorgelegt.

Dass Dutschke und Meinhof zu den Protagonisten und Meinungsführern der 68er Bewegung gehörten, deren Wege sich bald in völlig verschiedene Richtungen trennten („zum Marsch durch die Institutionen“ bis zu den Grünen beziehungsweise zum Terror der „Roten Armee Fraktion“/RAF) ist bekannt und wird von Ditfurth noch einmal in aller Ausführlichkeit geschildert. Natürlich gab es da zeitweilige Gemeinsamkeiten, Treffen und Diskussionen wie im Berliner SDS-Zentrum oder im Republikanischen Club („möglicherweise war auch Ulrike Meinhof unter ihnen“), alles andere wäre bei so herausragenden Figuren der damaligen Außerparlamentarischen Opposition – Dutschke als ihr leidenschaftlicher und einnehmender Rhetoriker und Meinhof als vielbeachtete „Konkret“-Kolumnistin – auch verwunderlich gewesen.

Ein erotisches Interesse habe Meinhof nicht gehabt, betont Ditfurth immerhin, sie habe Dutschke als einen „brüderlichen Freund“ geliebt, „das soll ja zwischen Männern und Frauen auch vorkommen“. Aber von einer engen Freundschaft oder Verbindung zwischen den beiden wissen damalige Wegbegleiter und Zeitgenossen nichts, auch Dutschkes Witwe Gretchen nicht. „Da gab es vielleicht fünf Treffen insgesamt, das war eine Bekanntschaft und nicht eine Freundschaft“, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur dpa in Berlin am 40. Jahrestag des Attentats auf ihren Mann vom 11. April 1968, an dessen Spätfolgen Rudi Dutschke am 24. Dezember 1979 starb. Ulrike Meinhof wurde am 9. Mai 1976 erhängt in ihrer Zelle aufgefunden.

Auch Dutschke-Sohn Marek, der erst kurz nach dem Tod seines Vaters geboren wurde, hört davon zum ersten Mal. „Nach allem, was ich weiß und gehört habe, kann ich mir nicht vorstellen, dass da eine enge Verbindung zwischen meinem Vater und Ulrike Meinhof gefunden werden kann, persönlich sowieso nicht“, sagte er der dpa in Berlin. „Ihre Freundschaft war nur wenigen bekannt“, hält Ditfurth in ihrem Buch dagegen. Dutschke saß mal auf dem Beifahrersitz in Meinhofs Auto oder beim Berliner Vietnamkongress neben ihr und Meinhof versuchte auch mal ihn zu interviewen. „Sie mochte ihn. Sie dachten in vielem ähnlich und wo nicht, konnte sie sich mit ihm glänzend streiten … Ulrike Meinhof verstand genau, was Rudi Dutschke meinte. Er wurde ihr Bruder im Geiste, bald ihr bester Freund.“

Und dann kommen in Ditfurts Buch immer wieder eher lächerliche Vermutungspassagen wie „Meinhof könnte am 24. November 1967 im Audimax der Hamburger Universität gewesen sein, als Rudi Dutschke sich auf Einladung der ‚Zeit’ mit Rudolf Augstein, Ralf Dahrendorf und anderen auf dem Podium stritt“ oder „Eineinhalb Jahre später las Ulrike Meinhof dasselbe Buch“. Mit ihrer letzten Meinhof-Biografie wollte die Mitbegründerin und frühere Vorsitzende der Grünen eigenen Worten zufolge „Mythen zerstören“. Mit „Rudi und Ulrike“ versucht sie, einen neuen Mythos über Dutschke und Meinhof als „Romeo und Julia der Apo“ zu begründen.

Literaturangaben:
DITFURTH, JUTTA: Rudi und Ulrike – Geschichte einer Freundschaft. Droemer Verlag, München 2008. 238 S., 16,95 €.

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