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Endrunde mit Mittelmaß

Belletristik-Presseschau vom 22. März 2004

© Die Berliner Literaturkritik, 22.03.04

 

BERLIN (BLK) -- Der Veröffentlichung von Belletristik in den Medien ist ein wenig Schläfrigkeit zu unterstellen. Anders lässt sich dieser Mangel kaum erklären. Vorzustellen gibt es heute den autobiografischen Roman von Viktor Jerofewej "Der gute Stalin", der die Praktiken im Falle von Dissidententum in der damaligen Sowjetunion beleuchtet. Auch in der "SZ" zu finden, ist Michael Wallners "Finale", das die Rezensentin nur mit einem Urteil der Mittelmäßigkeit versieht. In der "FAZ" schließlich werden die Erzählungen "Mein Ich und sein Leben" über die orangenen Siebziger von Frank Goosen vorgestellt, die bisweilen augenzwinkernde Fröhlichkeit aufblitzen lassen.

"Süddeutsche Zeitung"

Viktor Jerofewejs autobiografischer Roman "Der gute Stalin" sei ein aufregendes und zugleich ein schwaches Buch, so die Literatur-Beilage der "SZ". Es handele davon, dass der Schriftsteller Jerofewej Ende der siebziger Jahre dissidentische Prosa veröffentliche, die einen Skandal auslöse. Er werde aus dem Schriftstellerverband ausgeschlossen, sein Vater vom Botschafterposten in Paris abberufen. Nur wenn der Vater seinen Sohn dazu bringe, öffentlich zu bereuen, könne er seinen Job behalten. Doch der Vater erlöse seinen Sohn und opfere sich selbst. Jerofewej verfüge über eine blühende Phantasie, er werde von einem ungestümen Temperament vorangetrieben, und doch hole ihn auf jeder Seite sein Hang zur Formlosigkeit, zum Halbgedachten und zum "präpotent Schlampigen" ein.

Zu viel der Superlative bei der Preisung des Romans "Finale" von Michael Wallner mache den Leser argwöhnisch, so mutmaßt zumindest die Rezensentin der "SZ". Man traue ihm Großes zu, gleichwohl nicht die Naivität, es derart plakativ zur Schau zu stellen. Im neuen Werk ersetze ein Thomas-Bernard-Sound seine sonst so "flapsig kurze, sehr präsentische und szenenstarke Sprache", die bisher für seinen Stil charakteristisch war. Sein Roman sei gnadenlos überinstrumentiert, dessen geheimes Thema die Angst vor der Mittelmäßigkeit sei. Um dieses Schicksal nicht seines werden zu lassen, gehe der Autor lieber mit Pauken und Trompeten unter; Hauptsache er finde Gehör, so die "SZ".

Presse: Riesiger Fundus verkannter Genies

"Frankfurter Allgemeine Zeitung"

Frank Goosen baue in seinem Buch "Mein Ich und sein Leben" den Siebzigern ein Denkmal, urteilt die "FAZ". Zu jedem Lebensdatum recherchiere er den tagesaktuellen Schlager, ganze Erzählungen wirkten wie Sammelfußnoten zur Ära von Hans Rosenthal und Ilja Richter. Vielen der Geschichten merke man das "Stadtmagazinhafte ihrer Erstpublikation" an. Gelungene Erzählungen lege Goosen dort vor, wo er seine Rolle als augenzwinkernder Held des Alltages aufgebe, um die Schulgeschichte wieder zu beleben. In der Skizzierung der 'reformierten Oberstufe' beispielsweise laufe er zur Bestform auf. (dag/wip)

Mehr: Aus der orangenen Zeit

Zu der Sachbuch-Presseschau:

Zu den Presseschauen vom Freitag:

Literaturangaben:
GOOSEN, FRANK: Mein Ich und sein Leben. Komische Geschichten. Eichborn Verlag, Frankfurt am Main 2004. 224 S., 18,90 €.
JEROFEWEJ, VIKTOR: Der gute Stalin. Roman. Aus dem Russischen von Beate Rausch. Berlin Verlag, Berlin 2004. 363 S., 19,90 €.
WALLNER, MICHAEL: Finale. Rowohlt Berlin Verlag, Berlin 2003. 188 S., 17,90 €.


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