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Der Krieg gegen den Terror und das große Fressen

Internationale Presseschau vom 29. Juni 2004

© Die Berliner Literaturkritik, 29.06.04

 

BERLIN (BLK) -- Die heutige Internationale Presseschau beschäftigt sich mit sechs Büchern. Die "Washington Post" vom 27. Juni hat zum einen das anonyme Werk eines CIA-Mitarbeiters besprochen und zeigt sich im Großen und Ganzen zufrieden. Zum anderen bespricht das amerikanische Hauptstadtblatt eine Biografie über Dylan Thomas, und ist hier enttäuscht. "The New York Review of Books" beschäftigt sich mit einem "wunderbar illustrierten, unbedingt zu lesenden Buch" über die Geschichte des Festmahls. "The New York Times" rezensiert ein Werk über einen Mord im Milieu des Friedenskorps, und empfiehlt den Kauf. Der Kritiker der "Le Monde" zeigt sich begeistert über die Neuausgabe der Schriften von Pierre Mac Orlan. Die "Libération" ist ebenso zufrieden mit dem neuen Roman von Michael Sabban.

"Washington Post"

Der Autor erkläre den Krieg der USA gegen den Internationalen Terrorismus für einen Fehlschlag. Bis auf die Tatsache, dass sich Anonymous darauf beschränkt, alle Moslems in einen Topf zu werfen, zeigt sich Richard A. Clarke in der "Washington Post" vom 27. Juni sehr zufrieden mit dem Buch, das mit der amerikanischen Führung sehr hart ins Gericht gehe. Das bemerkenswerteste an dem Buchaber aber sei, dass der CIA-Direktor der Veröffentlichung überhaupt zugestimmt habe.

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Dylan Thomas' Bemerkung "In mir lebt eine Bestie, ein Engel und ein Wahnsinniger zugleich" und seinem anhaltenden Ruhm zufolge, sei es verwunderlich, dass Andrew Lycetts Biografie über den Poeten die erste in über einem Jahrzehnt sei, schreibt Joyce Johnson in der "Washington Post" vom 27. Juni 2004. Nach seinem Tod habe Dylan Thomas ein weites Spektrum an Anekdoten und Klatsch hinterlassen, die literarische Welt Londons zwischen 1930 und 1940 sei sowieso voll von Skandalen gewesen und so sei Lycett im Prinzip extrem gut ausgestattet gewesen, eine "schockierende" Biografie zu schreiben, bemerkt die Rezensentin. Es gelinge dem Autor jedoch nicht Thomas' Kampf, seine verschiedenen Persönlichkeiten miteinander auszusöhnen, zu beleuchten.

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"The New York Review of Books"

Ein Festessen ist ein kompliziertes, soziales Ereignis. Es sei halt schon immer harte Arbeit gewesen, wie Roy Strong in seinem "unbedingt zu lesenden, wunderbar illustrierten Buch" erläutere, so "The New York Review of Books". In den großen Banketthallen der Frühzeit und des Mittelalters hätte sicherlich so viel politisches Gebaren und Geklapper stattgefunden, wie in den Thronsälen. Die Verbindung zwischen Macht und Festmahl sei wahrscheinlich so alt, wie die Nahrungskette. Strong beschreibe in seinem Buch die Geschichte des Festessens quasi in chronologischer Reihenfolge.

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"The New York Times"

Auf Tonga habe es sieben Jahre lang keinen einzigen Mordfall gegeben, bis am 14. Oktober 1976 Schreie die warme, pechschwarze Nachtluft zerschnitten hätten. Deborah Gardner, eine auffallend hübsche 23-jährige Friedenskorps-Freiwillige, sei von einem ihrer Kollegen erstochen worden. Das Buch erzähle nun die Geschichte wie der Täter mit diesem Mord davon gekommen sei und bis zum heutigen Tage frei in New York lebe. Um sie erzählen zu können, habe Philip Weiss bemerkenswert hartnäckig recherchieren müssen. Was er rekonstruiert habe sei eine faszinierende Darstellung des Lebens im Friedenskorps der siebziger Jahre.

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"Le Monde"

Jaques Baudou hat am 25.06.2004 für "Le Monde" eine Neuausgabe der gesammelten sich mit der See befassenden Schriften des französischen Globetrotters und Journalisten Pierre Mac Orlan besprochen. Der Kritiker zeigt sich von den "romans maritimes" begeistert. Das Interessante der Seefahrergeschichten Pierre Mac Orlans sei die Tatsache, dass der Autor seine Figuren des Öfteren in diesem Kontext ganz unerwartete Dinge sagen lasse, wie zum Beispiel, dass das Abenteuer ein "poetisches Phantom" sei, dem nachzujagen manch einer die besten Jahre seines Lebens geopfert habe.

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"Libération"

"Lehaïm", das mittlerweile dritte Buch Michael Sabbans handele hauptsächlich von den Identitätsproblemen eines Philosophielehrers jüdisch-marokkanischer Herkunft, so Sean James Rose für die "Libération" vom 17. Juni 2004. Während einer Unterrichtseinheit zu Rousseaus republikanischen Ideen beginne der Lehrer Eli S. zu zweifeln: Die Jugendlichen der Banlieue, die er unterrichte, schienen ihrem Lehrer nicht so, als hätten sie irgendeinen Zugang zur "volonté genérale". Der Roman Michael Sabbans enthalte sich auf angenehme Weise einer Moral. Seine große Stärke liege dagegen eher in detaillierten Beschreibungen der Wirklichkeit in Paris und in den Vorstädten, so der Rezensent.

Mehr: Rousseau in der Banlieue

Literaturangaben:
ANONYMOUS: Imperial Hubris. Why the West Is Losing the War on Terror. Brassey´s, 320 S., $27,50.
LYCETT, ANDREW: Dylan Thomas. A New Life. Overlook. 434 S., 35 $.
MAC ORLAN, PIERRE: Romans maritimes. Presses De La Cité, Paris 2004. 878 S., 24,50 €.
SABBAN, MICHAEL: Lehaïm. Hachette Littératures, Paris 2004, 288 S., 18 €.
STRONG, ROY: Feast: A History of Grand Eating. Harcourt. 349 S., 35 $.
WEISS, PHILIP: American Taboo. A Murder in the Peace Corps. HarperCollins Publishers. 369 S., 25,95 $.

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