BERLIN (BLK) – Die „SZ“ ist sehr angetan von Peter Rühmkorfs neuen Gedichten, sie seien „für alle geschrieben“. Bei der Aufarbeitung des Skandals um die gefälschten Hitler-Tagebücher bleiben laut „SZ“ Fragen offen. Die „NZZ“ bespricht Bücher zur spanischen Architektur. Erzählungen der Amerikanerin Karen Russell gefallen der „FAZ“.
„Frankfurter Allgemeine Zeitung“
Den Debütroman der aus Florida stammenden Karen Russell stellt die „FAZ“ vor. Die Schauplätze der Erzählungen, welche die 26 Jährige Autorin wählte, seien ziemlich randständig inmitten der Sümpfe und Inseln Floridas gelegen. Erzählt werde von Außenseitern und „Exzentrikern im wahrsten Sinn des Wortes“. Die Helden der Geschichten strichen durch ein „Zwischenreich von Kindheit und Erwachsenwerden“ und streunen durch märchenhafte, „nicht ganz harmlose Kulissen“. Die innere Gedankenwelt der Außenseiter wie die Gründe der schwarzhumorigen Texte werde erst auf denn zweiten Blick offenbar, schreibt die Rezensentin.
„Neue Zürcher Zeitung“
Zwei Monographien über die neue spanische Architektur bespricht die „NZZ“. Die spanische Architektur befinde sich „trotz Krisenzeiten“ auf einem andauernden Höhenflug. Dies sei zwei entscheidenden Gründen zu verdanken, zum einen dem Bau des Museo de Arte Contemporáneo in Barcelona und dem des Guggenheim-Museums in Bilbao. Die große Anziehungskraft - vor allem des Guggenheim-Museums auf Touristen – habe dazu geführt, dass Lokalpolitiker ihre Städte mit spektakulären Kongresszentren, Konzerthallen und Museen aufwerten wollten. Die Entwicklung der letzten Jahre werde am Beispiel von zwölf Gebäuden nachvollzogen. In einem weiteren Band werde die Entwicklung der Architektur unter anderem in León, Pamplona, Las Palmas etc. mit „hervorragenden Bildern“ belegt.
Jan Roß, Redakteur der Wochenzeitung „Die Zeit“, philosophiere in „Was bleibt von uns?“ über die Weltgeschichte, meint die „NZZ“. Sein Traktat wage „eine Zusammenschau des Weltgeschehens im Licht von kommenden Dingen“. Als Ausgangspunkt diene Roß der 11. September 2001, seit diesem Datum verschiebe sich die Macht des westlichen Selbstbewusstseins hin zu einer schleichenden Auflösung. Dafür seien einerseits der Islam, andererseits die asiatische Herausforderung verantwortlich. Doch so sehr Roß’ Buch rabiat mit Szenarien des Schreckens beginne, so endet es überraschend besonnen: Im letzten Kapitel seines Essays verlasse der Verfasser „den Hochsitz des Geschichtsphilosophen des Untergangs“.
„Süddeutsche Zeitung“
Die „SZ“ rezensiert das neueste Buch des französischen Philosophen Bernard Stiegler. In Frankreich habe, anders als in Deutschland, eine „Kritik der Gegenwart an Kontur gewonnen“. Der Autor betreibe Untersuchungen „zum Verlust an Partizipation, zur mentalen Gleichschaltung und zur Homogenisierung der Erfahrung“ unter den Bedingungen „der Fernseh- und Neuen Medienkultur“. Die Hauptthese sei die geschichtliche Transformation der „Biomacht durch die Psychomacht“, also die Verwertung der Gehirne statt der Körper, seit der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts. Trotz der Kürzungen in der deutschen Übersetzung lohne die Lektüre allemal, meint die „SZ“.
Einen Aufklärungsbericht des Skandals über die gefälschten „Hitler-Tagebücher“ bespricht die „SZ“. Vor 25 Jahren, am 25. April 1983, habe jene Pressekonferenz in Hamburg stattgefunden, in der die Tagebücher vorgestellt wurden. Erschreckend und ekelerregend sei die Faszination, die der „üble Stoff“ auf die Beteiligten ausübte. Der Autor, Michael Seufert, damals seit 13 Jahren beim „Stern“, folge der Hauptthese, dass die federführende Geschäftsleitung nicht informiert worden ist. Daher habe sie auch nicht reagieren können. Die Kritikerin der „SZ“ mag dieser Schlussfolgerung nicht recht folgen. Durch ein Konvolut an Daten, Geschichten und Zitaten verliere man schnell den Überblick. Dieses Buch hätte eine „Erleichterung“ zur aktuellen Diskussion über „Moral in den Führungsetagen“ sein können, leider sei es das nicht, meint die Rezensentin.
Einen Blick auf die politische Berichterstattung in Tissy Bruns’ Buch „Republik der Wichtigtuer“ wirft die „SZ“. Ein Dilemma sehe die Autorin darin, dass Medien Personen und Konflikte ebenso schnell verschwinden wie auftauchen lassen. Daher werde das Ereignis als nicht bedeutsam wahrgenommen. Fragen, deren Entwicklung einen langen Zeitraum in Anspruch nehmen müsste, werden in großem Tempo abgehandelt. Bruns habe eine sehr pessimistische Sichtweise, die Medien geben sich mit „kurzatmigen Ansichten der Oberfläche zufrieden“, meint der Kritiker. Der Bericht ist „glaubwürdig und sympathisch“, nur Lösungen seien nicht in Sicht.
Peter Rühmkorfs neue Gedichte seien „geschrieben für alle, verständlich für jeden“, behauptet die „SZ“. Man könne stöbern in „Paradiesvogelschiß“, viele Ein-, Zwei- und Vierzeiler animierten den Leser, „sich das für ihn Passende auszusuchen“. Ferner sei die Aufmachung der Seiten perfekt, Dichtung sei selten „so schön und einladend“ präsentiert worden. Wohl nicht zuletzt wegen der Krebserkrankung Rühmkorfs kreisten die meisten Gedichte um die Vergänglichkeit. Wer sich bislang gescheut habe, Gedichte zu lesen: Vor diesem Buch brauche man nicht zurückzuschrecken. Rühmkorf beweise, dass „Dichtung ein Genre ist, das alle angeht“. (sat/wip)
Literaturangaben:
BRUNS, TISSY: Republik der Wichtigtuer. Ein Bericht aus Berlin. Herder, Freiburg im Breisgau 2007. 224., 19,90 €.
JODIDIO, PHILIP: Architecture in Spain (deutsch, englisch, französisch). Taschen Verlag, Köln 2008. 192 S., 19,99 €.
LEÓN, JUAN MIGUEL HERNÁNDEZ: Arquitectura espanola contemporánea (spanisch und englisch). Lunwerg Editores, Barcelona und Madrid 2008. 333 S., 59,90 €.
ROSS, JAN: Was bleibt von uns? Das Ende der westlichen Weltherrschaft. Rowohlt, Reinbek 2008. 220 S., 17,90 €.
RÜHMKORF, PETER: Paradiesvogelschiß. Gedichte. Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 2008. 143 S., 19,90 €.
RUSSELL, KAREN: Schlafanstalt für Traumgestörte. Erzählungen. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Malte Krutzsch. Verlag Kein & Aber, Zürich 2008. 304 S., 18,90 €.
SEUFERT, MICHAEL: Der Skandal um die Hitler-Tagebücher. Scherz-Verlag, Frankfurt am Main 2008. 320 S., 19,90 €.
STIEGLER, BERNARD: Die Logik der Sorge. Verlust der Aufklärung durch Technik und Medien. Übersetzt aus dem Französischen von Susanne Baghestanie. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2008. 190 S., 10 €.
Presseschau vom 21. April 2008
Andere Stimmen
Rezension
Rezensionen im Original
Verlage