Kurschatten in Zakopane
Der wiederentdeckte Roman „Sommerliebe“ von Gabriela Zapolska
ZÜRICH (BLK) – Marta Kijowska rezensiert in der „Neuen Zürcher Zeitung“ den wiederentdeckten Roman „Sommerliebe“ von Gabriela Zapolska. Gabriela Zapolska (1857–1921) wurde von den Zeitgenossen zwar gern als die „polnische Zola“ bezeichnet, galt gleichzeitig aber stets als kontrovers.
Tuska Zebrowska entflieht dem Alltag in Warschau um 1900 in den Bergkurort Zakopane. Dort trifft sie den bekannten Schauspieler Porzycki, der aus seiner Schwäche für das schöne Geschlecht kein Hehl macht. Die neue Umgebung ist interessant genug, um sie für ungekannte Eindrücke und Erfahrungen offen zu machen. Und diese bietet ihr Porzycki so beharrlich an, dass sie schließlich seinem Charme erliegt. Was für ihn allerdings nur eine harmlose Liebelei ist, bedeutet für sie eine völlige Umwertung ihrer bisherigen Regeln und Prinzipien. Doch als sie sich nach einem schweren inneren Kampf dazu durchringt, ihr Leben entsprechend zu ändern, zeigt sich, dass die Situation nicht beständiger ist als eine Seifenblase.
Obwohl Zapolska sich in „Sommerliebe“ einige Vereinfachungen, Naivitäten und Fehlgriffe leiste, gelte der Roman zu Recht als einer ihrer gelungensten, schreibt die Rezensentin. Durch den gekonnten Szenenaufbau, die Verlegung der Handlung nach Zakopane, die Verflechtung des städtischen und des bäuerlichen Milieus und die starke Individualisierung der Sprache, auch mit Hilfe von Dialekt und Jargonwendungen, vermittle der Roman ein sehr realitätsnahes Bild vom Polen der Jahrhundertwende, während die bis zum Schluss durchgehaltene Balance zwischen Tragik und Komik für Unterhaltungswert sorge, lobt die Rezensentin. (bah/mir)
Literaturangaben:
ZAPOLSKA, GABRIELA: Sommerliebe. Roman. Übersetzt aus dem Polnischen von Karin Wolff. Nachwort von Hannelore Schlaffer. Manesse Verlag, Zürich 2008. 718S., 24,90 €.
Rezension im Original
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