MÜNCHEN (BLK) – Die „Süddeutsche Zeitung“ („SZ“) bespricht Lukas Bärfuss’ ersten Roman „Hundert Tage“. Der Autor hätte darin den Völkermord in Ruanda im Blick, also eine internationale Katastrophe, die mittlerweile schon wieder aus dem Rampenlicht der Öffentlichkeit verschwunden sei, sagt Rezensent Helmut Böttinger.
Der Roman handle von dem jungen, etwas unbedarften Schweizer David Hohl, der Anfang der neunziger Jahre für mehrere Jahre als Entwicklungshelfer nach Ruanda komme. Nichtsahnend gerate er in den Bürgerkrieg, und als alle Ausländer das Land verlassen, bleibe Hohl zurück und harre in seinem Haus aus. Eine Grenzerfahrung, die den Protagonisten fortan präge, meint Böttinger.
Bärfuss beschreibe eine bedrohliche Welt, die mit europäischen Maßstäben nicht mal im Ansatz zu messen sei, meint Böttinger. Nicht immer gelinge es dem Autor dabei, sich vom Klischee zu distanzieren. Die zeitgeschichtlichen Hintergründe seien jedoch genau recherchiert – selten sei so desillusionierend von der afrikanischen Wirklichkeit geschrieben worden. Bärfuss arbeite offensiv mit dramatischen, theatralischen Mitteln, die den Stoff verdichten würden, konstatiert der Rezensent. Die Konstruktion sei jedoch zu aufdringlich, die Sprache entwickle kein Eigenleben. Obwohl dem Roman ein letzter Feinschliff gefehlt hätte, sei es doch ein „hochinteressantes Buch“, lobt die „SZ“ abschließend. (fri/wip)
Literaturangaben:
BÄRFUSS, LUKAS: Hundert Tage. Roman. Wallstein, Göttingen 2008. 197 S., 19,90 €.
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