Die üblichen
Ansätze, die "Echtheit" bzw. "existentiale
Ursprünglichkeit" der dichterischen Mitteilung der
"Verlogenheit" des Kitsches gegenüberzustellen, sind
problematisch, weil beide Aspekte nicht objektivierbar sind.
Die Darstellung eines Phänomens wird natürlich
entsprechend dem Bewusstsein des Rezipienten als "echt" oder
"verlogen" empfunden, wodurch "das weniger differenzierte
und informierte Bewußtsein auch das abgegriffenste und
zerredetste Klischee als 'echtgeschöpfte
Realitätsvokabel' und damit als ursprünglich
schön und unmittelbar wertvoll erleben" kann.(1)
Wann der Tatbestand eines
unangemessenen Einsatzes des ästhetischen Materials,
eines zu aufdringlichen Reims, einer zu simplen und naiven
Wendung vorliegt, ist jeweils eine Frage der Wahrnehmung und
resultiert aus der ästhetischen und intellektuellen
Kompetenz des Rezipienten und seiner Vertrautheit mit
stilistischen Motiven. Kitsch ist ein
Phänomen, das nur in der Rezeption und nur für den
Rezipienten besteht. Schulte-Sasses Vorstoß einer
diachronen Relativierung der Bestimmung von Kitsch bzw.
Trivialität, muss durch eine synchrone ergänzt
werden: ästhetische Normen sind nicht nur in
Abhängigkeit von "historisch gewachsenen kommunikativen
Bezugssystemen" zu begreifen (S.74), sondern in
Abhängigkeit vom spezifischen Kommunikationssystem, in
dem ein Individuum sich befindet..
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