An was denken Sie, wenn Sie das Wort Russland hören? Sibirien, Gorbatschow, Wodka? Was wissen wir über dieses Land und über seine Leute nun wirklich? Dazu fällt mir der Name Wladimir Kaminer ein, der russischstämmige Jungautor aus Berlin.
Er wurde 1967 in Moskau geboren, studierte Dramaturgie am Moskauer Theaterinstitut. Seit 1990 lebt er mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in Berlin. Kaminer veröffentlicht regelmäßig Texte in verschiedenen deutschen Zeitungen und Zeitschriften. Mit seiner scharfen Beobachtungsgabe, seiner lakonischen Sprache und ganz aktuellen Themen erobert er die deutschen Leser.
Die erfolgreichen Erzählsammlungen wie Russendisko, Militärmusik, Schönhauser Allee und anderen machten den sympathischen und kreativen Autor ziemlich schnell beliebt und gefragt. Weil er über die Beziehung zwischen Deutschen und Russen so interessant und geistreich schreibt wie kein anderer, nämlich mit viel Witz, Charme, Wärme, ohne diese unterschiedlichen Völker zu beleidigen sondern ihre Besonderheiten auf seine Art und Weise zu beschreiben, kritisch aber nicht böse, witzig, aber nicht beleidigend, literarisch, aber unparteiisch, gelingt Kaminer wunderbar einen Bogen zwischen unterschiedlichen Welten, Kulturen und Mentalitäten zu spannen.
Nun hat Wladimir Kaminer ein Kochbuch veröffentlicht. Der Leser weiß, es gibt Kochbücher und es gibt KOCHBÜCHER! Die letzteren sind mehr als eine Sammlung von köstlichen Rezepten, so wie das von Kaminer. In diesem Buch werden die einzelnen Republiken der ehemaligen Sowjetunion mit ihren kulinarischen Besonderheiten vorgestellt. Und Kaminer kennt sich da aus, schließlich ist er mit der russischen Küche groß geworden und hat "sie zwanzig Jahre lang ausgelöffelt" - im Kindergarten, in der Schule und Zuhause. Es geht in diesem Buch aber nicht nur um aromatische Suppen, ofenfrische Piroggen, wohlschmeckende Bliny und andere typische Köstlichkeiten, sondern es sind auch schöne kleine Geschichten, interessante Begegnungen und einzigartige Erlebnisse zu finden.
Natürlich ist die russische Küche anders, schmeckt anders. Sie ist kalorien- und abwechslungsreich. Selbstverständlich gehört Kaviar dazu, aber die wichtigste Zutat ist die Laune des Kochs!
Das Buch ist eine gastronomische Glasnost (Offenheit), ist intelligent und witzig geschrieben, ist sehr aktuell und einzigartig. Es ist wie eine Zaubertür, als letzte geheime Verbindung zur Vergangenheit.
Man erfährt zum Beispiel, dass die Russen nicht ins Restaurant gehen, um zu essen oder zu trinken, das können sie zu Hause, sie gehen aus, um zu feiern. Und es darf gesungen und getanzt werden. Sie können aber auch gleich bei sich zu Hause ein russisches Essen organisieren: Viel Alkohol und Salzgurken einkaufen, Freunde anrufen, die Musik laut aufdrehen, die Nachbarn einladen - fertig.
Wenn Sie nicht direkt am Herd mit diesem Buch stehen und kochen, werden Sie trotzdem ganz schön satt nach dem Lesen von Kochrezepten. Zum Schluss brauchen Sie… na was denn? Einen kleinen gut gekühlten Wodka und "Na sdorowje"!
Ludmila Hück
4 von 5
© 2006 Ludmila Hück, Harald Kloth
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