Paul Bedel / Catherine École-Boivin

» Meine Kühe sind hübsch, weil sie Blumen fressen «

Vom Reichtum des einfachen Lebens

Mit diesem 237 Seiten starken Buch, gelungen übersetzt aus dem Französischen von Elisabeth Liebl, bringt dtv in deutscher Erstauflage eine charmante und tiefgründige Lebens- und Gesellschaftsstudie in den Buchhandel.

Zentrale Figur dieser idyllisch dahin plätschernden, doch keinesfalls langweiligen Erzählung ist Ich-Erzähler Paul Bedel. Er wurde am 15. März 1930 auf einer normannischen Halbinsel geboren und lebt bis heute auf dem Hof seiner Familie. Seinen Lebensunterhalt bestreitet er durch den Ertrag aus der Landwirtschaft in enger Zusammenarbeit mit seinen, ebenfalls sehr betagten Schwestern.

Bauer Bedel lässt in seinen Gedanken immer wieder alte Begebenheiten aus dem harten Landleben Revue passieren. Vor allem die Situation am Totenbett seiner großen Liebe, die ihn im zarten Alter von 17 Jahren mit voller Wucht traf und doch ein Leben lang unerfüllt blieb, beschäftigt ihn.

Jeder Bereich seines Umfelds spielt im Leben eine Rolle und wird mit einem Kapitel freundlich bedacht. Vor allem auf die Fischerei, genauer gesagt das Hummerfischen, kommt Bedel immer wieder zurück, so wichtig ist diese für sein Leben. Leben mit den Naturgewalten, Streben nach dem Gleichgewicht in der Natur, Achtung vor den Nahrungsmitteln, die Ruhe kennen und schätzen lernen sind nur einige wenige Beispiele aus dem Gedankengut Bedels.

Die zentrale Problematik in dieser Erzählung stellt jedoch der Gegensatz von Früher zu Heute dar.

Durch die sehr bodenständige, einfache und unverblümte, oft sogar leicht derbe Sprache taucht man plötzlich in dieses Buch ein; es ist, als ob die Zeit still steht. Früher bestimmte die Natur, die Zeit durch Gezeiten, der Tag-Nachtrhythmus, die Jahreszeiten das Leben jedes Einzelnen. Heute wird uns das starre Gerüst der offiziellen Zeit auf diktiert.

Je tiefer der Leser ins Buch vordringt, umso mehr ahnt er etwas von dem ungeheuren Wissensschatz des Landwirts im Einklang mit der Natur und von der Natur autark zu leben. Den Gedanken und Erkenntnissen eines alten Menschen zu folgen fesselt, ganz zu schweigen von der herausragenden Beobachtungsgabe. Es ist eine Liebeserklärung an das einfache, ruhige und bescheidene Leben abseits der Wegwerfgesellschaft. Die Erkenntnis der Armseligkeit unseres doch so viel gepriesenen, vom Fortschritt geprägten Daseins wirkt dagegen beschämend.

Paul Bedel versucht durch Vorträge über seine Erkenntnisse aus der Natur und durch Führungen junger Schüler und Erwachsener auf seinem Hof das Verständnis für ein Leben mit und in der Natur zu fördern.

Ein hier noch ein Zitat aus Paul Bedels Wissensschatz zum Schluss: „Es ist schön viel Zeit zu haben, denn das ist unser eigentlicher Reichtum“.

Fazit: Erholsame, philosophische und kritische Lektüre mit nachhaltigem Eindruck.

Elisabeth Gonsch

5 von 5 / Lesetipp 2011
5 Sterne


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© 2011 Elisabeth Gonsch, Harald Kloth
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