Spanien, Baskenland, 1945: Francos Blauhemden regieren und terrorisieren das Land nach eigenem Gutdünken. Büchernarr Sancho Bordaberri führt mit seiner gewitzten Angestellten Koldobike Ibaicetas die kleine Buchhandlung Beltza in Getxo. Seine große Leidenschaft sind Krimis, seine Vorbilder Raimond Chandler, Dashiell Hammett, Eric Ambler und viele andere Krimi-Größen der damaligen Zeit. Sancho ist wieder einmal zutiefst frustriert, denn auch seinen sechzehnten Roman will niemand verlegen. Und so soll auch dieser letzte Versuch den Weg seiner 15 Vorgänger gehen und im Meer versinken. Da fällt sein Blick auf eine Klippe, an der sich vor zehn Jahren eine Tragödie abgespielt hat. Die beiden Altube-Zwillinge wurden mit den Hälsen an einem Metallring festgekettet, damit sie bei einsetzender Flut ertrinken; nur einer konnte mit Müh und Not gerettet werden und der einsetzende Spanische Bürgerkrieg setzte den Ermittlungen der Behörden ein Ende.
Sancho durchfährt es wie ein Blitz: „Das ist der perfekte Stoff für meinen Kriminalroman!“ Da seine bisherigen Versuche immer am fehlenden Realismus scheiterten, ist das seine Chance! In Anlehnung zu seinen Helden Philip Marlowe und Sam Spade nennt er sich nun Privatdetektiv Samuel Esparta und um seinem Roman möglichst viel Realität einzuflößen, beginnt er in der Verkleidung seiner Vorbilder mit eigenen Ermittlungen. Er stößt dabei nicht nur bei Francos Schergen auf Misstrauen, Ablehnung und Verachtung. Je tiefer er in den Altube-Fall eindringt, je mehr er akribisch protokolliert, desto mehr stößt er auf menschliche Abgründe und gefährdet damit nicht nur sein eigenes Leben.
Obwohl der Protagonist des Romans die rohen, amerikanischen „hardboiled“-Ermittler Philip Marlowe (Chandler) und Sam Spade (Hammett) verehrt, lässt Ramiro Pinilla seinen „Helden“ Samuel Asparta eher im Stile von Agatha Christies Hercule Poirot ermitteln. Dies tut er jedoch mit einer schönen Portion Tollpatschigkeit, ziemlich blauäugig und naiv, was dem ganzen Plot den wärmenden Charme einer Krimi-Parodie verleiht, denn die eigentliche Ermittlungsarbeit macht meist auch noch seine hübsche „Puppe“ Koldobike, die auch wesentlich smarter und stärker Auftritt als ihr Chef.
Die Idee des Autors, diesen Roman nicht wie einen klassischen Krimi anzulegen kommt sehr gut an, die Handlung als Roman im Roman abspielen zu lassen ist spannend und gelungen. Leider lässt in diesem Plot die Dramaturgie etwas zu wünschen übrig; des Rätsels Lösung konnte man bereits relativ früh erahnen - leider, denn ansonsten ist dieses Buch flüssig zu lesen, mit witzigen Pointen durchsetzt, unterhaltsam und überraschend anders.
Fazit: Nur ein Toter mehr des Basken Ramiro Pinilla sei eher Liebhabern von ruhigen, stillen Kriminalromanen empfohlen, die auch Freude an einem gewissen Lokalkolorit haben.
Wolfgang Gonsch
3 bis 4 von 5
© 2012 Wolfgang Gonsch, Harald Kloth
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