Es hätte ein ganz beschauliches Wochenende bei ihrem Teilzeit-Lebenspartner und Kollegen Winkler im Ober-Allgäuer Kurort Kaltenbach werden sollen. Doch kurz nach der Ankunft Renata di Nardos geht eine gewaltige Lawine nieder, die einige tote fordert und den Ort von der Außenwelt abschneidet. Unversehens sind die beiden Ermittler gefordert: Nicht nur ein Rockmusiker wird von Spaziergängern weit abseits der Lawine tot im Schnee aufgefunden, bei den Bergungsarbeiten entdecken die Rettungskräfte zudem in der Nähe des Lawinenabgangs eine mysteriöse Frauenleiche - erfroren, äußerlich unverletzt, nur mit einem leichten Nachthemd bekleidet. Recherchen ergeben drei ähnliche ungeklärte Todesfälle in den letzten drei Jahren. Als das Duo schließlich dem Täter und seinem Motiv auf die Spur kommt, beginnt ein gnadenloser Wettlauf mit der Zeit: eine dem Opferprofil entsprechende Urlauberin wir seit einigen Tagen vermisst.
Es gibt in diesem Allgäu-Krimi so vieles: jede Menge Verdächtige, Motive en masse und ein wirklich überraschendes, nicht vorhersehbares, spannendes, nachdenklich stimmendes und beileibe nicht jeden Tag zu lesendes Finale – mehr kann man von einem kriminalistischen Psychodrama wirklich nicht erwarten!
Doch hier begeistert nicht nur der flüssige, wirklich schön zu lesende Schreibstil, in dem man sich selbst als Nicht-Allgäuer sofort heimisch fühlt, sondern auch die etwas schräge Beziehungskiste der Protagonisten. Zudem leisten sie normale, nachvollziehbare und akribische Ermittlungsarbeit, statt Kommissar Zufall zu vertrauen. Dieser Plot hat keinerlei Längen, baut auf stimmig entwickelte Charaktere, besticht durch einen immer stärker ansteigenden Spannungsbogen und säuberlich getrennte, sich aber leicht kreuzende Handlungsstränge.
Überzeugend wird außerdem der Raubbau an der alpenländischen Natur, am Beispiel der Abholzung der Berg- bzw. Bannwälder angeprangert. Um immer wieder Skifahrer, Snowborder und andere Action-Süchtige anzulocken, werden für immer spektakulärere Pisten Lawinen- und Wetterschutzwälder abgeholzt. Ein Zitat des Bürgermeisters soll dies hier verdeutlichen: „Die Touristen toben: Erst verlangen sie erstklassige und breite Skiabfahrten und wenn Lawinen bzw. Konsequenzen drohen, dann nichts wie weg, um das nächste Urlaubsgebiet zu ruinieren!“
Fazit: Obwohl dieser Allgäu-Roman fast jedem Klischee gerecht wird, das diesem Genre anhaftet - ein eindringliches Plädoyer zur Erhaltung unserer Natur, verpackt in erstklassige und spannende Krimi-Unterhaltung.
Wolfgang Gonsch
5 von 5 / Lesetipp 2011
© 2013 Wolfgang Gonsch, Harald Kloth
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