Original: Vietnam in HD
Produktion: 2011
Der Vietnamkrieg ist eine sechsteilige Dokumentation. In bislang unveröffentlichten Bildern zusammengestellt aus Archivmaterial und Privatfilmen wird diese tiefe Zäsur in der neueren, amerikanischen Geschichte aufgezeigt. Der Fokus richtet sich ausschließlich auf amerikanische Soldaten und deren Familien, der Kriegsverlauf aus nordvietnamesischer Sicht fehlt völlig.
Im Vietnamkrieg wurde zum ersten Mal der Kriegserfolg nicht am eingenommenen Gelände, sondern am Verhältnis der getöteten Feinde gemessen. Chronologisch zeigen die sechs Folgen á 42 Minuten die Eskalation des Krieges in Südostasien:
Geschickt verbindet diese Produktion des "History Channel" sachliche Informationen mit persönlichen Schicksalen. Durch die Erzählungen und Interviews ausgewählter Soldaten und deren Angehörigen bekommen die (amerikanischen) Soldaten in dieser sechsteiligen Doku-Serie sprichwörtlich ein "Gesicht". Insbesondere durch private Aufnahmen wie Familienfilme wird ein sehr intimer und emotional berührender Einblick in die damalige Zeit und den Kriegsverlauf gewährt. Das macht diese Dokumentation besonders und prägnant.
Diese wertvollen Zeitzeugen zeigen dem Zuschauer aber auch völlig verschiedene Ansichten dieses Zweiten Indochinakrieges. So kommen ehemalige Soldaten, die auch heute noch stolz auf ihren Einsatz sind, genauso zu Wort - wie Soldaten, die zu Kriegsgegnern wurden und ihre Tapferkeitsmedaillen damals demonstrativ weggeworfen haben.
Sachlich informierende Texttafeln leiten die Kapitel jeder Folge ein. Wenige Animationen erläutern die taktischen Situationen besonderer Gefechte, wie zum Beispiel "Operation Rolling Thunder", einer großen Luftoffensive gegen Ziele in Nordvietnam und Laos.
Gefasst machen muss sich der Zuschauer auf einige drastische Bilder von Getöteten. Die Einstufung von FSK 12 ist meiner Meinung nach deshalb zumindest diskussionswürdig.
Die Musikuntermalung ist meist passend, manchmal auch dramatisierend und pathetisch - aber nie in einem störenden Maß wie bei anderen Kriegsdokumentationen.
Leider kommen viele wichtige Begebenheiten in dieser Doku gar nicht oder nur marginal vor. Es fehlt die komplette Vorgeschichte des französichen Indochinakrieges. Ebenso dass der Vietnamkrieg ein Stellvertreterkrieg zwischen den USA und der damaligen Sowjetunion war. Der großflächgie Einsatz des Entlaubungsmittels "Agent Orange" fehlt merkwürdigerweise ebenso wie das "Massaker von My Lai". Solche Informationen sind für den Zuschauer aber von eminenter Bedeutung, weil sie Auswirkungen auf den Kriegsverlauf selbst und darüberhinaus hatten. Thematisiert werden ebensowenig die teils dramatischen Folgen von Drogensucht und psychischen Erkrankungen bei den heimkehrenden Soldaten.
Polyband präsentiert die Kriegsdokumentation als Digipak im Schuber. Als Sprachversionen finden sich Deutsch, Englisch und Polnisch (jeweils als Dolby Digital 2.0). Untertitel leider nur Niederländisch. Bedenkt man das Alter des Ausgangsmaterials so ist die Bildqualität oft von überraschend guter Qualität.
Fazit: Eine sehr emotionale und informative Serie zum Vietnamkrieg, die den Versuch macht, einen Überblick über den Kriegsverlauf aus rein amerikanischer Sicht zu zeigen. Mit teils drastischen Originalaufnahmen wird der Schrecken dieses Krieges aufgezeigt. Durch den chronologischen Aufbau wird die Eskalation in Indochina der 60er und 70er Jahre überdeutlich. Die Hintergründe des Krieges, sowie einige wichtige Begebenheiten bleiben leider unberücksichtigt.
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Harald Kloth
4 bis 5 von 5
© 2012 Harald Kloth
alle Rechte bei den Autoren
Coverbild und Foto mit freundlicher Genehmigung von POLYBAND